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Schauplatz der Schwarzlese-Attacke: Caracas, Venezuela. Das Buch: "Harry Potter y las Reliquias de la Muerte"

APA/EPA/LUIS ESCOBAR

Die Leute kennen wir ja: Der Schwarzseher schaut fern und zahlt nichts dafür. Der Schwarzhörer hört Ö 3 und zahlt nichts dafür. Der Schwarzfahrer fährt mit der U-Bahn und zahlt nichts dafür. Der Schwarzbrenner brennt seinen Schnaps und das Finanzamt schaut in die Röhre. Der Schwarzsender sendet schwarz und pfeift auf die behördliche Genehmigung zum Senden.

Was aber ist ein Schwarzleser? Dieser Begriff – ich bin in letzter Zeit einige Male bei der Zeitungslektüre auf ihn gestoßen -, ist schillernd und meint unterschiedliche Personen: Schwarzleser sind zum Beispiel Leute, die eine Buchhandlung aufsuchen und dort Bücher lesen, aber nicht kaufen (aus einem ZEIT-Artikel mit dem Titel "Die Schwarzleser": "In französischen Buchläden lesen die Menschen oft stundenlang, ohne je etwas zu erwerben."). Und Schwarzleser sind auch Leute, die kostenlos auf einer kostenpflichtigen Internetseite lesen, weil sie sich zum Beispiel das Passwort für die Seite unter den Nagel gerissen haben.

Wenn das E-Book weiterhin kräftig auf dem Vormarsch bleibt, dann wird es künftig auch noch einen anderen Typus des Schwarzlesers geben: Nämlich den Leser, der sich den Lesestoff aus dem Netz saugt ("owelodet"), ohne etwas dafür zu bezahlen. Die Süddeutsche brachte dazu unlängst ein Interview mit dem Urheberrechtsexperten Till Kreuzer, der sich Gedanken darüber macht, was denn rechtlich der Fall sein wird, wenn ein Leser kein Weißleser sein will, sondern ungeniert dem Laster der Schwarzlektüre frönt: sueddeutsche.de/computer/214/450930/text.

Eine kleine Wörterbuchrecherche in Duden, Grimm und anderen Nachschlagewerken, die ich konsultiert habe, ehe ich mich an diesen Eintrag machte, hat mir gezeigt, dass es eine beeindruckende Fülle von Schwarz-Komposita im Deutschen gibt. Neben bekannten wie Schwarzafrika, Schwarzarbeit, Schwarzkünstler oder Schwarzpulver gibt es auch manche, von denen ich noch nie in meinem Leben gehört hatte. Der Schwarzarsch (bei Grimm erwähnt) steht (oder stand zumindest) in der Gaunersprache für "Schornstein, Ofen, Kamin". Das Schwarzsauer ist eine norddeutsche Spezialität, nämlich ein "mit Backobst und Klößen serviertes Gericht aus Fleisch oder Gänseklein und Schweine- bzw. Gänseblut, das mit Essig angesäuert wird", also nichts, womit man sich bei einem Vegetarier einschmeicheln könnte.

Falls die p.t. Leser ebenfalls die eine oder andere schwarze Assoziation in ihrem Busen bergen sollten, so bitte ich sie, diese wie üblich der Allgemeinheit zuteil werden zu lassen.