Foto: Wolf-Dieter Grabner
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Wenn du dich an der CBR 1000 vorbeizwängen musst, um zum Honda Sh 125i zu kommen, mit dem du die nächsten Tage verbringen wirst, dann ist Motorrad-Journalist sein sogar ein bisserl wie Arbeiten. Man ist versucht, wie ein trotziges Kind zu drohen, dass man so lange die Luft anhält, bis die Schlüssel, die man in der Hand hält, die Sportreiben anstarten können.

Foto: Wolf-Dieter Grabner

Minuten später steht neben mir, an der roten Ampel, ein junger Mann mit seiner 300er-Vespa. Sehr super find ich das. Erst krieg ich die CBR nicht und jetzt steh ich neben einem Roller, der mehr als doppelt soviel Hubraum hat wie meiner – also der Roller, obwohl ja auch das Nachdenken darüber wohl in einem Hubraumproblem fußt. Und dann schaut der neben mir auch noch besser aus. Ja, der Roller, aber nicht nur. Auf der weißen italienischen Schönheit sitzt eine Mischung aus Brad Pitt und James Dean. Widerlich finde ich die Situation von meinem senfgelben Japanroller aus.

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Die Ampel springt auf ein Grün, das so gar nicht zum Sh 125i passen will. Wir beide reißen das Gas auf und der weiße Widerling zieht von dannen. Moment, der weiße Widerling zieht gar nicht. Der hat zwar doppelt so viel Hubraum, aber die mehr als 14 PS und 11,5 Newtonmeter des Sh machen der Wespe ordentlich zu schaffen. Ach so ist das. Bei der nächsten Ampel hol ich mir die fesche Italienerin dann auf der Bremse. Die Honda ankert mit CBS, wenn man die neue hintere 240er-Scheibe bedient. Vorne bremst das jetzt zwar deppensicher mit, einem ordentlichen Bremsdrift steht aber nix im Wege und so schleif ich den Honda-Roller daquer ein und schau gelangweilt drein. Nicht nur Hubraum zählt – man muss auch kein Hirn haben.

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Auf schlechten Straßen hat gegen den Sh eh fast kein Roller ein Licht, weil der Honda auf 16-Zöllern rollert. Wo andere Sitzbadewannen im Schlagloch versinken, schlagen beim Honda-Roller nicht einmal die Dämpfer durch. Obwohl: Der Honda ist eh auf der weichen Seite. Komfortabel abgestimmt, heißt das im Fachjargon.

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Komfortabel hätte ich eher das Auspuffgeräusch bezeichnet. Nicht laut, aber vom Klang her schon sehr ordentlich. Da hat zwei Tage später der raunzerte Daelim-Roller nix zu melden. Der zutzelnde 125er wird zwar auch von einem Hirn- und Angstlosen pilotiert, aber er hat halt nur einen 125er-Roller unterm Hintern, während ich einen 125er Honda-Roller fahre. Und der Unterschied ist ziemlich genau wie Blaumann zu Smoking. Auch vom Styling her. Der alte Daelim fährt zwar vermutlich schon seit einem Jahrzehnt mit seinem glücklichen Piloten und hat viel mitgemacht ohne zu raunzen. Der Honda aber kommt mit neuen Klarglasscheinwerfern, neuen Farben, 16-Zöllern, Einspritzung und serienmäßigem Topcase. Zum echten Motorradlfahren sind trotzdem beide falsch angezogen.

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Der Honda Sh 125i will aber ohnedies lieber die günstigere und geilere Alternative zum Auto in der Stadt sein. Ausreichend motorisiert, um die Autos stehen zu lassen und mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h auch auf der Stadtautobahn nicht auszufahren; wie die Praxis beweist. Der Hauptständer ist leichtgängig, sodass man aufpassen muss, dass einem die Kinder daheim nicht heimlich den Roller ab- und aufstellen, weil es so locker geht. Die Sitzhöhe ist mit 785 Millimetern jetzt einen Zentimeter niedriger als beim Vorgänger. Damit aber auch lange Lulatsche wie ich die Haxerln hinter der Verkleidung unterbringen, hat der neue Sh 125i zwei Zentimeter mehr Beinfreiheit hinter der Schürze.

Die Verarbeitung ist so gut, dass auch nach mehreren harten Tagen mit mir, nix knarzt und ächzt, was mancher Konkurrenz-Roller nach der ersten Kreuzung schon nicht mehr von sich behaupten konnte. Die Fahrleistung ist grad das Euzerl mehr, als man braucht und der Komfort ist hoch genug, um das Auto sofort stehen zu lassen, wenn es draußen nicht schüttet oder man beim Baumarkt nicht gerade einen Großeinkauf plant. Im serienmäßigen Topcase verschwindet locker der Helm und der Stauraum unterm Sitzerl bleibt für was anderes frei. Etwas, was kleiner als mein Trial-Helm ist. Den würde ich nämlich erst nach einem gewaltigen Sturz unter die Sitzbank kriegen.
(Guido Gluschitsch, Foto: Wolf-Dieter Grabner, theflow.cc)