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Im Recruiting wird laut einer Studie nicht nur nach rationellen Kriterien entschieden - ganz im Gegenteil soagr

Foto: APA/EPA/Antonio Lacerda

"Wissen, wer geht" - dieser Titel lockte Personalverantwortliche und Geschäftsführer am vergangenen Dienstag zum Vortrag in die Wiener Büros der Berater Mercuri Urval. Deutschland-Geschäftsführer Albert Nussbaum gab den Entscheidern statt guter Tipps Stoff zum Nachdenken mit: Worauf wird in Unternehmen geschaut, wenn es um Menschen geht, denen man Erfolge zutraut? Welche Fragen werden gestellt? Nußbaum motivierte zur Auseinandersetzung: "Brauche ich die Besten oder brauche ich die Richtigen?"

Dass man mit MBAs mittlerweile die Straßen pflastern könne, sprach Nußbaum sicherheitshalber aus - worauf er hinauswollte, war aber: "Stehen vielleicht formale Anforderungen zu sehr im Vordergrund? Liegt der Erfolg nicht in der Passung?"

Delegieren an die HR-Stellen

Firmen bräuchten nun mal nicht lauter Stars - trotzdem würden sie gesucht. Auch von Mittelständlern. Oft werde gar nicht geprüft, ob diese Stars in diesen Umfeldern überhaupt erfolgreich sein könnten, ob sich ein "Return on Investment" plausibel darstellen lasse.
Nußbaum lieferte eine spannende Stunde lang keine Rezepte, sondern stellte Fragen: "Ist wirklich das Maximum gefragt, oder geht es um das Optimum?" Oft, so Nußbaum, würden die Fachvorgesetzten falsch denken und nach dem "Maximum" verlangen. Das erzeuge Extreme im Unternehmen. Als "Problem" sieht er dabei das Delegieren der Personalauswahl an die HR-Stellen.

Also was tun, kam die Frage. "Nach normalen Sterblichen suchen und wissen, das Licht Schatten erzeugt", so die Antwort. Schnelle seien tendenziell fehleranfällig, Extravertierte könnten tendenziell nicht so gut zuhören, erinnert Nußbaum daran, dass Wunderwuzzis mehr Mystifikation denn Realität sind.

Die Gretchenfrage nach den Kernkompetenzen der Zukunft beantwortete er so: "Wenn die Welt morgen nicht mehr so ist wie heute, dann müssen wir dafür sorgen, dass wir Leute haben, die mitgehen können". Also: Abschied von statischen Modellen. Konkret im Kanon der Zukunftskompetenzen unter anderem: Belastbarkeit, Sprachen, kulturelle Fähigkeiten, Intelligenz und Offenheit, Lernfähigkeit und -wille, IT-Kompetenzen.

Psychologische Entscheidungskriterien

Harten Stoff lieferte Nußbaum, als er an die Psychologie erinnerte und Untersuchungen der Mercuri-Urval-Kunden auf vier Kontinenten präsentierte: Tatsächlich würden sich Bewerber aufgrund sympathischer Vorgesetzter, interessanter Aufgaben und wirtschaftlicher Stärke des Unternehmens entscheiden. Arbeitgeber aufgrund von Sympathie, passender Ausbildung und Leistungsfähigkeit. Nußbaum: "Da werden dann Anforderungsprofile geändert, Präferenzlisten auf den Kopf gestellt." Man neige eben dazu, sich zu klonen. "Mini me"-Syndrom nennen diesen menschlichen Faktor andere Berater. Ob dieser menschliche Faktor letztlich auch darüber entscheidet, wer geht? (Karin Bauer, DER STANDARD, Printausgabe, 2./3.5.2009)