Zur Stoßzeit sieht es etwas anders aus in der Wiener Neustiftgasse. Stoßstange an Stoßstange reihen sich da die Wagen aneinander. Jener der Justizministerin wollte jetzt ausscheren - auf die Busspur.

Foto: Standard/Matthias Cremer

Wien - Unvergessen bleibt Exvizekanzler Hubert Gorbach. Er wollte sich in seiner Amtszeit ein Blaulicht auf das Dach seines Dienstwagens schrauben, weil der Weg anscheinend nicht sein Ziel war.

Unzählige Dienstwagenaufregungen später war es vor kurzem die deutsche Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die mit dem Diebstahl ihres Dienstautos auf der Spanienurlaubsreise für den PS-Skandal des Sommers sorgte. Innerösterreichisch zogen Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) und Staatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) mit ihrer privaten Dienstwagennutzung während der Urlaubszeit nach.

Und jetzt eben die Justizministerin: Claudia Bandion-Ortner hatte das Warten im Stau gleich nach der Ausfahrt aus dem Ministerium in der Wiener Neustiftgasse satt - "bis zu 20 Minuten" stehe man da mitunter in der Kolonne, heißt es aus ihrem Büro. Also beantragte man beim zuständigen Magistrat die Erteilung einer Sondergenehmigung zur Benutzung der kaum frequentierten Busspur. Neben den Bussen dürfen lediglich Taxis, Krankentransporte, Gefährte des Straßendienstes, die Müllabfuhr und natürlich Einsatzfahrzeuge auf die Vorrangstraße wechseln.

Die Justizministerin wollte es ihnen gleichtun - "nicht grundsätzlich, sondern nur in Dringlichkeitsfällen", sagt ihr Sprecher Paul Hefelle zum STANDARD. Und er beschreibt die Gegebenheiten vor Ort. Wenn der Chauffeur der Ministerin also aus der Garage in die Neustiftgasse einbiegt und - beispielshalber - nach etwa 20 Metern in die Mechitaristengasse einbiegen will (siehe Grafik), müsste er für dieses Teilstück auf die linke Fahrseite wechseln und im Worst Case bis zur Quergasse raufstauen.

Die Ministerin habe eigentlich "überkorrekt" gehandelt, argumentiert Hefelle. Dass eine mögliche widerrechtliche Benutzung der Busspur geahndet würde, ist tatsächlich unwahrscheinlich. Dennoch: Die Optik war nicht gut.

Thomas Geiblinger, früher selbst Sprecher im Justizministerium unter Maria Berger (SPÖ), jetzt zuständig für Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ), versteht die Stauproblematik nicht: "Das hat bei uns jahrelang gut geklappt." Auch die Ministerkollegen Bandion-Ortners kennen solche Sorgen nicht. Aus dem Büro von Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) heißt es: "Wenn wir über die Neustiftgasse rausfahren, stehen wir meist im Stau". Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) brät genauso wie Staatssekretärin Christine Marek (ÖVP) kein Extrawürstchen.

Vorfahrt für Fekter 

Einzig die Innenministerin hat Kraft ihres Amtes auch das Wegerecht auf Busspuren: Ihr Dienstwagen gilt als Fahrzeug des öffentlichen Sicherheitsdienstes. In der Praxis werde diese Möglichkeit aber selten angewandt, heißt es.

Besonders bei der Begleitung ausländischer Staatsgäste gibt es für alle Minister die Möglichkeit, im Innenministerium eine Lotsung zu beantragen - also mit Blaulicht und "weißer Maus" voran. Präsident und Kanzler hätten zudem das Recht, beim zuständigen Landeshauptmann eine Ausnahmeregelung für ihre Dienstwägen zu erwirken - getan haben sie es nicht.

Der grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz forderte am Donnerstag Otto Normalfahrer auf, es Bandion-Ortner gleichzutun und ein Formular mit dem Titel "Vorrang für Bonzen" an die zuständige MA zu senden, mit der Bitte um Freigabe der Busspur. Man musste sich lediglich entscheiden, warum man genauso wichtig wie die Ministerin ist, und sich bereiterklären, im Bedarfsfall mit ihr eine dringliche Fahrgemeinschaft zu bilden. (Karin Moser, DER STANDARD - Printausgabe, 4. September 2009)