Der Elefant hat bekanntlich ein hervorragendes Erinnerungsvermögen ("Elefantengedächtnis"). Wer's gern wissenschaftlich verbürgt haben möchte: Die britische Tierforscherin Karen McComb (Universität Sussex) konnte zum Beispiel nachweisen, dass sich Elefanten die Rufe von mehr als hundert ihrer Artgenossen über mehrere Jahre hinweg merken können. Von einer völlig anderen, mir bis dato unbekannten Art des Gedächtnisses habe ich kürzlich gelesen: Dem "Oberkellner-Gedächtnis". Der Neuropsychologe Giselher Guttmann beanstandete im "profil" die Prüfungskultur in österreichischen Schulen, weil die ständige Befüllung des Kopfes mit neuen Lerninhalten, die gleich nach der Prüfung wieder irrelevant werden, zur Entwicklung eines "Oberkellner-Gedächtnisses" führe: "Bis zum Servieren merken sie sich eine Bestellung, beim nächsten Gast ist sie schon vergessen." Emotional ist mir persönlich dabei ja durchaus verständlich, dass die Oberkellner häufig auf die mentale Löschtaste drücken müssen: Wer will sich schon am Abend noch daran erinnern können, dass der Gast am hinteren Tisch links am Mittag ein Lammkotlett an Bärlauchpesto und einen Kaiserspritzer bestellt hat und der am vorderen Tisch rechts ein Bauerncarpaccio mit einem Harakiripunsch. Womöglich haben die p.t. Leser ja auch die eine oder andere Assoziation in petto, welcher Beruf denn mit welchem Gedächtnistypus am besten gesegnet wäre?

Weil wir gerade bei den Funktionsmechanismen des Geistes sind, ein kleiner Bonus-Ausdruck zur Erweiterung des französischen Wortschatzes der p.t. Leser: Ein mit einem „Esprit d'escalier", einem Wendeltreppengeist versehener Mensch ist einer, dem immer just zwei Minuten, nachdem er mit ein paar Konversationspartnern gesprochen hat, ein Super-Witz oder eine extraschlagfertige Bemerkung einfällt: Treffend, nur leider zu spät.