Wien - Auch nach Start der Bauarbeiten für den Konzertsaal der Wiener Sängerknaben wollten die Augarten-Aktivisten nicht aufgeben: "Es herrscht Alarmstufe Rot", betonte Eva Hottenroth von der Initiative "Freunde des Augartens". Aufgeben komme für sie aber nicht infrage. Aus diesem Grund waren bereits kurz nach der ersten Räumung des Augartenspitzes durch die Polizei weitere Aktivisten auf Bäume geklettert, um deren Rodung zu verhindern. Die Sängerknaben hatten angekündigt, vorerst nichts gegen die Baumbesetzer unternehmen zu wollen.

Gegen Mittag hielten sich acht Personen in dem Gehölz auf, darunter auch Raja Schwahn-Reichmann vom "Josefinischen Erlustigungskomitee". Zu einem Zwischenfall kam es, als die Polizei ein weiteres Mal einschritt, um Demonstranten vom abgesperrten Areal zu entfernen. Diese hatten sich über Bauzäune Zutritt verschafft. Eine etwa 70 Jahre alte Frau klagte über Schmerzen und Herzprobleme, nachdem Beamte sie vom Grundstück getragen hatten. Sie wurde mit der Rettung ins Krankenhaus gebracht.

Anders als gegen jene Personen, die zu Fuß in das Areal eindrangen, ging die Exekutive nicht gegen die Baumbesetzer vor. Es sei nicht notwendig, diese mit Gewalt von den Bäumen zu holen. "Das ist der falsche Weg", betonte eine Polizei-Sprecherin.

Die Arbeiter nahmen trotz der Vorfälle nach mehrstündiger Unterbrechung die Rodungsarbeiten wieder auf. Sie ließen sich weder von den Aktivisten im Geäst noch von den "Aufhören"-Rufen beeindrucken. Filmarchiv-Chef Ernst Kieninger, der ebenfalls vor Ort war, sprach von Behinderungen und Einschränkungen des Betriebs. Er ärgerte sich aber nicht über die Besetzer: "Die Aktivisten machen von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch." Die Gegner werden heute ab 15.00 Uhr eine Kundgebung am Augartenspitz abhalten, kündigte Hottenroth an.

Seitens der Sängerknaben wurde heute betont, man werde vorerst nichts gegen die Aktivisten auf den Bäumen unternehmen, um niemanden zu gefährden. "Wir hoffen weiterhin auf Vernunft und die Einsicht der Gegner, sich mit ihren Argumenten und Forderungen nicht durchgesetzt zu haben", so ein Sprecher. Nach der Einrichtung der Baustelle erfolge nun als nächster Schritt die Untersuchung des Bodens etwa auf eventuelle Altlasten. Dies sei aber eine übliche Maßnahme bei Bauvorhaben und kein Spezifikum des Konzertsaal-Projekts, wurde betont.

Scharfe Kritik an der "harten Vorgangsweise" übten die Wiener Grünen. Mit Motorsägen gegen die Augarten-Schützer aufzufahren, zeuge nicht vom Willen, den Konflikt friedlich und gemeinsam mit den Anwohnern lösen zu wollen, empörte sich die grüne Planungssprecherin Sabine Gretner in einer Aussendung. "Wir werden nicht zulassen, dass viele Grünflächen in Wien sukzessive verkleinert werden. Dieser Bau ist Zeugnis der Beton-Politik von (SP-Bürgermeister Michael, Anm.) Häupl, (Sängerknaben-Präsident Walter, Anm.) Nettig und Co.", ergänzte Umweltsprecher Rüdiger Maresch.

"Erfreut über das konsequente Vorgehen gegen die grünen Fußtruppen am Augartenspitz" zeigte sich hingegen die Freiheitlichen. "Auch linke Gutmenschen mit Tagesfreizeit sollten irgendwann einsehen, dass sie sich nicht über Recht und Ordnung hinweg setzen können", so Wolfgang Seidl, Obmann der FPÖ-Leopoldstadt. Falls die "grünengesteuerten Berufsdemonstranten" die Bauarbeiten in ihrer penetranten Selbstgerechtigkeit trotzdem weiter verzögerten, sollten sie mit Schadenersatzklagen eingedeckt werden, so die blaue Forderung. (APA)