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Nationalist Derviş Eroglu ist neuer Präsident Nordzyperns.

Foto: EPA/Stringer

Jetzt ist es endlich so weit. Mit 72 Jahren ist dem zyperntürkischen Nationalisten Derviş Eroglu doch noch gelungen, wovon er Jahrzehnte geträumt hat - er wurde zum Präsidenten der Türkischen Republik Zypern gewählt, eines Staates, der lediglich von der Türkei anerkannt wird und ansonsten weltweit isoliert ist. Jahrzehnte war der in Famagusta geborene Arzt, der in Istanbul Medizin studierte hatte - er ist verheiratet und Vater von vier Kindern -, im Schatten seines Mentors Rauf Denktaş gestanden. Davon hat er sich auch jetzt noch nicht ganz gelöst.

Denktaş war über Jahrzehnte die treibende Kraft, als es darum ging, für die Inseltürken einen eigenen Staat zu errichten. Als langjähriger Präsident der Türkischen Republik Zypern war er berühmt-berüchtigt für seine harte Haltung in den Verhandlungen mit den Inselgriechen. Seit 1985 war Derviş Eroglu unter Denktaº dessen Regierungschef und mit wenigen Unterbrechungen für 15 Jahre sein treuer Schildknappe.

Er hat zwar angekündigt, die Verhandlungen über eine Wiedervereinigung der Insel mit seinem griechischen Kollegen Christofias fortsetzen zu wollen, allerdings zu anderen Bedingungen. Statt eines Bundesstaates strebt Eroglu eher eine Konföderation ohne starke Zentralregierung an. Das würde den Status quo der geteilten Insel mehr oder weniger festschreiben. Das größte Problem für Eroglu dürften daher weniger die Griechen als die Regierung in Ankara sein.

Der Streit auf Zypern ist der größte Stolperstein für die EU-Verhandlungen der Türkei. Die türkische Regierung hätte deswegen lieber einen neuerlichen Sieg Mehmet Ali Talats gesehen, der in über 70 Runden versucht hat, eine Wiedervereinigung Zyperns zu erreichen.

Ankara kann zwar auf Eroglu Druck ausüben, weil der türkische Teil Zyperns wirtschaftlich und politisch stark von der Türkei abhängig ist, zu einer Vereinbarung mit den Griechen zwingen kann es die Inseltürken nicht. Zumal die Griechen weit davon entfernt sind, ihren Nachbarn ein gutes Angebot zu machen. Es war ja vor allem die Erfolglosigkeit des versöhnungsbereiten und überzeugten EU-Anhängers Talat, den die zyperngriechischen Verhandlungspartner jahrelang am ausgestreckten Arm verhungern ließen, was zum Wahlsieg von Eroglu führte. Seine Wahl ist weniger seinem Charisma oder einem überzeugenden Programm geschuldet als vielmehr dem Frust der Inseltürken über die Blockadehaltung der Griechen. (DER STANDARD, Printausgabe 20.4.2010)