Peaches, freie Programm-Domina beim Donaufestival.

Foto: Donaufestival

Lasziver Electro-Clash aus Kansas City. Die kanadische Musikerin Peaches bringt in einem kleinen Sub-Festival die aus Kansas City stammende FormationSsion nach Krems.

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Sandy Kane als Naked Cowgirl. Sie würde George Clooney gerne ... - das kann man hier gar nicht hinschreiben.

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Krems - "Curated by ..." - dieser Terminus ist in Zusammenhang mit Qualitätsfestivals öfter zu lesen. Auch das Donaufestival in Krems, das sich mit seinem Programm dem Thema Failed Revolutions annähert, wartet erstmals mit einem fremdkuratierten Block auf. Die für ihre Renitenz - das ist schließlich eine wesentliche Voraussetzung für Veränderungswillen - bekannte Musikerin Peaches bestreitet mit einer persönlichen Auswahl an Bands und Künstlerinnen einen Gutteil des Programms am finalen Festivaltag, Samstag, 8. Mai.

Merrill Beth Nisker, wie Peaches bürgerlich heißt, wurde 2000 mit ihrem Album Teaches of Peaches schlagartig bekannt. Damals feierte gerade Electro-Clash fröhliche Urständ. Eine Art Techno-Punk, der ohne Zurückhaltung andere Stile vereinnahmte, solange diese sich seinen heftigen Beats unterwarfen. Das allein wäre jetzt noch nichts gewesen, um deshalb einen Brief an Mutter zu schreiben. Doch Peaches, eine Rabiatperle vor dem Herren, die deshalb schon "weiblicher Iggy Pop" genannt wurde, deklamierte zu ihrer ruppigen Musik explizit sexuell konnotierte Texte, die sich mit männlichem und weiblichem Selbstverständnis auseinandersetzen und sich in Songs wie Fuck The Pain Away, Cum Undun oder späteren Albentitel wie Fatherfucker erleichterten.

Dementsprechend ausgerichtet ist Peaches' Programm: etwa mit der aus Kansas City stammenden Band Ssion. Die in den 1990er-Jahren gegründete Formation ist für extravagante Live-Auftritte bekannt. Die Musik dieser optisch zart an eine zeitgenössische Inkarnation der New Yorker Village People erinnernden Formation lässt sich wohl mit anlassigem Electro-Clash beschreiben. Ein bisserl lasziv, ein wenig unterernährt, immer zu wenig Schlaf unter den Lidern.

Ein anderer Programmpunkt von Peaches Gnaden ist Sandy Kane. Die New Yorker Comedian kann sich locker mit Peaches' Direktheit messen, ja, wenn man ihre George-Clooney-Fantasien in dem gleichnamigen Song hört, dann geht die Gute gar noch weiter. Viel weiter ...

Ihrem Selbstverständnis nach ist Kane "buy-sexual" . Dieser Begrifflichkeit folgend verantwortet sie explizite Performances, etwa als Naked Cowgirl, als das sie am New Yorker Times Square Country-Songs interpretierte. Zusätzlich verwurstet sie diverse Klassiker der Disco-Ära, verwendet überhaupt alles, was für einen schlüpfrigen Witz taugt.

Sixties-Breitseite

Aus der erweiterten Großfamilie der in Berlin lebenden Peaches stammt das Duo Cobra Killer. Hervorgegangen aus der Gemeinde des Techno-Meuchlers Alec Empire und seiner Formation Digital Hardcore, vermengen Cobra Killer Sixties-Pop oder Psychedelic mit ihrer grundsätzlich elektronisch generierten Musik. Dass manche Ergebnisse schlicht nach Garagen-Punk klingen - auch kein Problem.

Starke Sixties-Affinität weisen auch Hunx and his Punx auf. Eine US-Formation, die Unterhoseninhalt mit Herzschmerz kurzschließt. Hunx and his Punx ist das Vehikel von Seth Bogart, der mit Verve und Witz von Freddie Mercury über John Waters zu Little Richard cruist.

Den Abschluss dieses kleinen Festivals im Donaufestival bestreitet schließlich kurz nach Mitternacht die Programm-Domina selbst - Peaches mit einer ihrer bekannt ans Eingemachte gehenden Shows. (Karl Fluch, DER STANDARD/Printausgabe 22.4.2010)