Manchmal gerät es zur Kunst, das sprichwörtliche Glas halb voll zu sehen, auf Chancen aufmerksam zu machen, wo Defizite einfach "nur" groß sind. So kommt man als Leser nicht umhin zu sagen, dass die Ergebnisse der diesjährigen Umfrage zur PoP - Power of People, dem Branchentreff der Personalwirtschaft (22./23. 4.) in Rust, zum Thema der "Nachhaltigkeit in der Personalarbeit in Österreich" , an der sich 126 Personalisten und Führungskräfte beteiligten, schlichtweg ernüchternd ausgefallen sind.

Drei Botschaften - eine gute, eine schlecht und eine diskutierbare - destillierte das Forscherteam rund um Christian Scholz, wissenschaftlicher Leiter der PoP, aus der Studie: Es sei ein eindeutiges Problembewusstsein zum Thema der nachhaltigen Personalarbeit festzustellen; auch werde dem Bereich in der unternehmerischen Praxis hohe Relevanz zugesprochen. Allerdings gebe es unter einem Gutteil der Befragten noch keine klare Vorstellung darüber, was Nachhaltigkeit ist und wie das auf die Personalarbeit zu übertragen sei bzw. in Unternehmen verankert werden könne. Auch sei man sich über die Richtung entsprechender Maßnahmen nicht im Klaren.

Kommunikatorenrolle

Hinderlich dabei dürfte aller Wahrscheinlichkeit der dritte - der diskutierbare - Punkt sein: Nicht wenige unter den Befragten sehen sich tendenziell in der Rolle von Kommunikatoren, die selbst keine große Entscheidungsautonomie möchten. Rund 56 Prozent der Befragten halten sowohl das Beratungs- als auch das Mitbestimmungsrecht für sehr wichtig, gefolgt vom Informations und Vetorecht (beide rund 50 Prozent) - hier stelle sich die Frage, so Scholz, warum fast die Hälfte der Befragten keines dieser Rechte für sich in Anspruch nehmen will.

Zudem komme hinzu, dass nur rund 36 Prozent der Befragten Budgetautonomie für die Implementierung nachhaltiger Personalmaßnahmen für sehr wichtig halten. Um aber Erfolge in der Personalentwicklung eben auch für das Unternehmen schlagend machen zu können, brauche es, appelliert Scholz, neben Befähigungen eben auch Befugnisse - ansonsten verkomme das Thema der Nachhaltigkeit in der Personalarbeit zur unverbindlichen Kommunikation. "Personalverantwortliche (HR)" , sagt Scholz, "müssen aus ihrer beobachtenden Rolle heraustreten" , die Herausforderungen, die sehr wohl erkannt werden - das Spektrum spanne sich von "vorausschauender Personalplanung" über "Talentemanagement" bis hin zu "interner Umweltkommunikation" -, analysieren und für das Unternehmen weiterdenken, gewissermaßen einer nachhaltigen Organisationsentwicklung zugrunde legen.

Wichtig sei, HR-Verantwortlichen die richtigen Personalentwicklungswerkzeugkoffer - Instrumente und Methoden - in die Hand zu geben, um nicht nur personalwirtschaftliche, sondern vor allem auch klare, daraus resultierende betriebswirtschaftliche Vorteile erarbeiten und entsprechend darstellen zu können. Darin liege eine große Chance, auch die HR neu oder anders im Unternehmen zu etablieren. (Heidi Aichinger, DER STANDARD, Printausgabe, 24./25.4.2010)