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Lebensader Nil: Der Fluss sichert Ägyptern und Sudanesen (im Bild Badende nahe Khartum) seit Jahrtausenden ihr Auskommen. 1929 wurde der aktuelle Vertrag über Wasserrechte geschlossen.

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Der Streit um die Nutzung des Nil-Wassers unter den neun afrikanischen Anrainerstaaten spitzt sich zu. Ägypten und der Sudan sehen die neue Vereinbarung, die Ruanda, Äthiopien, Uganda und Tansania mit Zustimmung von Kenia geschlossen haben, als nicht bindend. Die Länder am Oberlauf wollen Bewässerungs- und Energieprojekte in Abstimmung mit Ägypten und dem Sudan umsetzen, wehren sich aber gegen das Veto-Recht, das diesen beiden Ländern 1929 in einem Vertrag durch die Kolonialmacht Großbritannien eingeräumt wurde.

Für Ägypten ist der Nil seit Jahrtausenden die Lebensader. In der Kolonialzeit und noch einmal 1959 als politisch mächtigstes Land in der Region konnte sich Ägypten gemeinsam mit dem Sudan den Löwenanteil von 90 Prozent des Wassers aus dem 6700 Kilometer langen Strom sichern.

Seit 1995 verlangen die sieben Länder am Oberlauf ein neues Verteilungsschema, um ihren Entwicklungsanforderungen gerecht zu werden. Kenia und Tansania zum Beispiel möchten in ihrer Landwirtschaft vermehrt bewässern, statt nur auf den unregelmäßig fallenden Regen zu vertrauen. In mehreren Gesprächsrunden konnten die Nil-Bassin-Länder keine Einigung erzielen. Jetzt haben die Länder am Oberlauf ihre Drohung wahrgemacht und die neue Konvention im Alleingang beschlossen.

Kairo, das die Wasserfrage als Frage der nationalen Sicherheit betrachtet, hatte darauf beharrt, dass kein Abkommen unterschrieben wird, in dem die historischen Rechte nicht garantiert sind. Die Regierung argumentiert vor allem damit, dass das 80-Millionen-Land zu 96 Prozent vom Nil-Wasser abhängig ist, während dieser Wert in den anderen Ländern dank des Regenfalls viel geringer sei. Die Wasserrechte seien eine rote Linie, hatte der Außenminister erklärt und juristische Schritte angedroht. Hitzköpfe dachten sogar laut über Waffengewalt nach, sollten Länder am Oberlauf einseitig mehr Wasser für sich abzweigen. Ägypten muss sich im Gegenzug vorwerfen lassen, das knappe Wasser zu vergeuden.

Geldgeber zögern

Man könne nicht mehr agieren wie zu Zeiten Mohammed Ali Pashas im 19. Jahrhundert, kritisiert ein Kolumnist die ägyptische Haltung und fordert konstruktive Verhandlungen, die die heutige wirtschaftliche, politische, kulturelle und juristische Situation berücksichtigen. Kairo hat als nächsten Schritt alle Nil-Bassin-Staaten zu neuen Verhandlungen eingeladen. Ohne Konsens haben auch die afrikanischen Länder Probleme, ihre Projekte durchzusetzen, denn internationale Geldgeber wie die Weltbank halten sich zurück, um nicht in den Streit hineingezogen zu werden. (DER STANDARD Printausgabe, 17.5.2010)