Ein Leben mit Büchern, Fischen und Giraffen: Sweet Susie in ihrer Wohnung in Wien-Neubau. Nur für die vielen Platten ist kein Platz. Die wohnen woanders.

(Foto: Lisi Specht)

Foto: Lisi Specht

Susanne Rogenhofer alias DJ Sweet Susie genießt in ihrer Wiener Innenhof-Wohnung vor allem die Stille. Nadine Obermüller besuchte sie in ihrem akustischen Inselreich.

"Ganz genau kann ich es nicht sagen, aber die Wohnung hat so um die 50 Quadratmeter. Der Wohnraum selbst ist nicht wirklich groß. Es sind eher die hohen Decken, die zur optischen Vergrößerung beitragen. Früher habe ich in einer Wohnung mit niedrigen Decken gewohnt, das war fürchterlich. Da kann eine Wohnung von mir aus auch 120 Quadratmeter haben, aber bei einer derart niedrigen Raumhöhe geht das auf die Psyche.

Ich bin mit meinem Vater, der Restaurator ist, früher oft durch die Gegend gefahren. Er hat sich dabei immer über schlechte Architektur aufgeregt. Diese Wohnung ist, architektonisch gesehen, auch nicht gerade aufregend. Es ist eher die Lage, die sie so speziell macht!

Vorn liegt die vielbefahrene Burggasse. Ich bin in der Stadt aufgewachsen, ein gewisser Grundgeräuschpegel macht mir also nichts aus. Ich mag das sogar. Man hat dadurch das Gefühl von Zivilisation. Und hier hinten ist es wie mitten auf dem Land. Alles ist ganz ruhig, wie eine akustische Insel. In dieser Hinsicht bin ein bisschen eine perverse Städterin: Auf der einen Seite will ich das Urbane, auf der anderen Seite muss es grün sein vor der Tür.

Grundsätzlich haben Städte für mich immer etwas Klaustrophobisches an sich. Paradebeispiel ist ein Gemeindebau, da würde ich nie wohnen wollen. Dieses Beengte ist für mich die Antithese von Wohnen. Das hat aber nichts mit dem sozialen Umfeld zu tun. Denn die Meinung, dass im Gemeindebau tendenziell weniger gutgestellte Leute wohnen, ist ein absolutes Vorurteil. Ich kenne Gemeindebauten, in denen die Bewohner total durchmischt sind, bis hin zu Künstlern und Tänzern. Es geht mir vielmehr um die Architektur von Gemeindebauten. Das ist eine Ansammlung von Gebäuden, in der alles gleich aussieht und wo nichts geboten wird. Und hier? Ich brauche nur rauszugehen und habe schon Kinos und Lokale vor der Tür.

Wenn etwas an der Wohnung fehlt, dann ist es ein weiteres Zimmer. Deswegen ist ein Teil meiner Plattensammlung auch in meiner anderen Wohnung, im Atelier am Naschmarkt, wo ich mich tagsüber viel aufhalte. Hier könnte ich das alles nicht unterbringen.

Obwohl mich Design von der Kunstseite her interessiert, brauche ich nicht unbedingt ein Designersofa in meiner Wohnung. Ich besitze auch keine ausgefreakten Möbel. Da sind meine Bedürfnisse woanders gelagert. Ich würde mir für das Geld viel eher ein geiles Musikinstrument kaufen.

Was für mich eher entscheidend ist, das ist die Kombination aus Gegenständen und Stoffen. Besonders gern habe ich diese Zierdecke aus Portugal. Das Bett hinter dem Regal ist aus Holzpaletten, denn ich finde, manches kann man sich durchaus auch selbst basteln. Ich stehe auf individuelle Lösungen. Eine Bibliothek mit guten Büchern ist mir auch sehr wichtig. Die sagt etwas über einen Menschen aus. Außerdem mag ich es, wenn Wissen da ist, in das man hineintauchen kann. Man könnte sich hier zum Beispiel den Katalog von Franz Graf nehmen oder eine Platte anhören.

Ich baue gern diese kleinen Stillleben hier auf dem Regal, das sind meine kleinen Mikrokosmen. Ich mag es, mich in einer Sache verlieren zu können. Da gibt es zum Beispiel die Tiere, deswegen habe ich auch den internen Ausdruck ,Zoo' für die Wohnung. Dort drüben im Regal gibt es Fische und Giraffen, dann gibt es immer wieder Nachtfalter, die sich hierher verirren, oder einen Specht, der draußen gegen den Baum klopft. Einmal habe ich sogar einen Uhu vorm Fenster gesehen. Und dann sind da noch jede Menge imaginäre Tiere im Kopf, wie zum Beispiel der Honigdachs. Das ist das mutigste Wesen der Welt! Der passt auf mich auf." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14./15.8.2010)