Wenn wie jetzt in Graz vor einem Asylantenheim mitten in einer fremdenfeindlichen FPÖ-Wahlkampagne eine Sprengbombe explodiert, lautet zunächst einmal die offizielle Aussage der Polizei, ein Motiv sei nicht erkennbar.

Erkennbar ist allerdings sehr wohl eine Häufung von Vorfällen und Attentaten, wenn die politische Stimmung besonders ausländerfeindlich ist. Der grüne Abgeordnete Karl Öllinger, der auch den Blog www.stopptdierechten.at betreibt, hat nun eine Chronologie erstellt, aus der hervorgeht, dass in den 90er-Jahren (Haider-Aufstieg) und in den letzten Jahren (Fekter/Strache-Verschärfungspolitik) eine Häufung von durchwegs sehr ernstzunehmenden Anschlägen zu verzeichnen ist:

Am 17. Jänner 1992 kam es in Traunkirchen (OÖ) zu einem Anschlag mittels Molotow-Cocktails auf eine Unterkunft mit rund 200 AsylwerberInnen. Die Täter waren Neonazis der VAPO. Im Oktober 1992 schleuderte der 22-jährige Andreas P. in St. Georgen / Gusen (OÖ) einen Brandsatz gegen das Fenster eines Hauses, in dem eine zehnköpfige Flüchtlingsfamilie wohnte. P. erklärte, nicht aus politischen Motiven gehandelt zu haben.

Im Mai 1997 verübte der 16-jährige Lehrling M. W. einen Brandanschlag auf ein von türkischen und mazedonischen Staatsangehörigen bewohntes Haus in Wels (OÖ). Bei dem Brand kam ein Mazedonier ums Leben. Der Täter hatte Kontakte zur lokalen Nazi-Skinhead-Szene. Im Mai 1998 ist beim Brand in einem Asylheim in Leutkirch (Vbg.) ein Asylwerber leicht verletzt worden. Ein ausländerfeindlicher Hintergrund wurde von der Polizei ausgeschlossen.

Im Februar 1999 verübten vier Nazi-Skins aus Wien-Hietzing einen Brandanschlag auf eine Asylunterkunft in Wien-Hietzing.

Dann war längere Zeit Ruhe. Aber im Juni 2007 brannte ein Asylheim in Innsbruck. Zuerst hieß es: keine Brandstiftung; dann, es wurde doch eindeutig Brandbeschleuniger verwendet.

Anfang Jänner 2008 brannte in Mittersill (Sbg.) eine Asylunterkunft. Als Brandursache wurde ein technischer Defekt angenommen.

Im Juni 2008 kommt bei einem Brand in einem Asylheim in Klagenfurt ein Afrikaner zu Tode. Die Polizei ermittelt schlampig, möglicherweise amtsmissbräuchlich. Erst ein Gutachter stellt fest, dass der Brand mutwillig gelegt wurde. Der Heimbetreiber und der Flüchtlingsbeauftragte des Landes Kärnten kommen wegen Fahrlässigkeit vor Gericht, werden aber freigesprochen.

Im November 2009 brennt in St. Jakob bei Wolfsberg in Kärnten wieder ein Asylheim. Die Ermittlungen werden eingestellt.

Im Juli 2010 wurde wenige Tage nach einer Anti-Moscheen-Demo mit FP-Beteiligung ein Wohnheim für MigrantInnen in Wien-Floridsdorf Ziel von zwei Brandanschlägen. Ein Täter aus der Neonazi-Skin-Szene wurde auf freiem Fuß angezeigt.

Und jetzt eben der Sprengstoffanschlag in Graz. Physische Attacken von Skins auf Ausländer sind inzwischen Alltag. In den Krawallzeitungen steht hauptsächlich etwas über Fehden zwischen Türken und Tschetschenen etc.(Hans Rauscher, DER STANDARD Printausgabe 15.9.2010)