Die Notenbanker und Börsenaufsichten haben es verbaselt. Das Ergebnis des Baseler Ausschusses für strengere Risikobestimmungen für Banken ist völlig ungenügend. Die Verantwortlichen riskieren den Supercrash. Denn die beschlossenen Maßnahmen von „BASEL III" reichen bei Weitem nicht aus, um zukünftige Krisen zu verhindern. Die nun erhöhten Eigenkapitalvorschriften für Banken sind deutlich niedriger angesetzt, als zum Beispiel die Quoten, die die in der Krise stabilen kanadischen Banken schon vor Jahren nachweisen mussten. Auch die jahrelangen Übergangsfristen sind viel zu lang, vor allem wenn man die weiterhin hohe Volatilität der Märkte in den Blick nimmt.

Besonders erschreckend sei der Vergleich der aktuellen Ergebnisse der Verhandlungen mit den Ankündigungen von 2008. Vor allem die Regelung der Verschuldungsobergrenze (leverage ratio) mit einer Übergangsfrist bis 2017 ist in Anbetracht der Gefahr neuer Spekulationsblasen nicht tragbar.

Die Bankenlobby war mit ihrer wochenlang in Medien betriebenen Panikmache erfolgreich. Dabei führen höhere Eigenkapitalquoten keineswegs zwangsläufig zur Verringerung der Kreditsumme wie von den Banken behauptet. Erstere können auch durch die Aufnahme von Eigenkapital auf dem Kapitalmarkt sowie niedrigere Dividendenauszahlungen und Managerboni erreicht werden.

Ein Grundproblem des Bankensektors wurde nicht einmal diskutiert: Die angestrebten Eigenkapitalrenditen von 15 bis 20 Prozent bei einem Wirtschaftswachstum von 1,5 bis 2 Prozent sind völlig absurd. Die Banken versuchen dennoch ihre Risiko-Gewinne mit gesellschaftlichem Nutzen gleichzusetzen obwohl sie in den letzten Jahren - etwa dank der Gruppenbesteuerung in Österreich - immer weniger Steuern zahlen. Dabei hat die Krise offenbart, dass nicht Bankengewinne sondern Bankenregeln den allgemeinen Wohlstand steigern. Die volkswirtschaftlichen Kosten für die Risikogeschäfte der Banken sind um ein vielfaches höher als deren zu erwartende Kosten für höhere Eigenkapitalquoten und Liquiditätsvorschriften. Es ist also höchste Zeit, dass sich die Gesellschaft nicht mehr vor den Karren der Bankeninteressen spannen lässt.

Geringe Gewinnmargen im Bankensektor wären auch gesamtgesellschaftlich sinnvoll. Dadurch würde einerseits der Druck auf die Banken sinken, risikoreich zu veranlagen. Andererseits setzen die hohen Renditen in einem Sektor auch andere Sektoren unter Druck, Gewinne auf Kosten von Löhnen und Umwelt zu steigern.

Höhere Eigenkapitalvorschriften für Banken können also nur ein erster Schritt sein - weitergehende Regeln sind dringend nötig. Dazu gehört die wirksame Beschränkung des Derivatehandels. Auch im aktuellen Richtlinienentwurf der EU-Kommission ist keine Zulassungsprüfung für Derivate vorgesehen. Alle Derivate bleiben erlaubt. Die bedingungslose Zulassung von Derivaten erhöht jedoch das Systemrisiko massiv. Bestimmte hochriskante Derivate dürften gar nicht genehmigt werden, zum Beispiel CDOs (komplizierte Bündel verbriefter Kredite) und CDS (Kreditausfallversicherungen), Wetten auf Rohstoffpreise oder gedeckte oder ungedeckte Leerverkäufe. Nach wie vor sind auch Steueroasen nicht geschlossen, die überfällige Finanztransaktionssteuer nicht umgesetzt.

Vor allem aber ist es ein verhängnisvoller Fehler systemrelevante Banken nur zu retten, nicht aber zu zerteilen. Systemrelevante Großbanken setzen das Insolvenz-, das Wettbewerbs- und das Beihilfenrecht einseitig außer Kraft. Platzt die nächste Blase werden die Steuerzahler erneut zur Kasse gebeten, weil die geretteten Banken noch immer systemrelevant und unsinkbar sind - über kurz oder lang der sichere Weg in den Staatsbankrott. Die Politik muss vom Kammerdiener zum Regulator der Großbanken werden.

In letzter Konsequenz benötigt es daher einen auf Gemeinwohlorientierung - und nicht auf Profitmaximierung ausgerichteten Bankensektor, der wieder sine Grundfunktionen - sichere Einlagen und günstige Kredite - erfüllt. Wer das nicht tut, sollte a) nicht in den Genuss der staatlichen Einlagengarantie kommen; b) keinen Zugang zur EZB erhalten und c) den Staat nicht als Kunden gewinnen können. So wie es eine flächendeckende öffentliche Bildungs-, Gesundheits- oder Bahninfrastruktur gibt, soll es in Zukunft auch eine öffentliche, - jedoch demokratische - Bankeninfrastruktur geben. Attac hat zur Vision einer demokratischen Bank bereits ein umfassendes Positionspapier ausgearbeitet. Höchste Zeit, dass die Banken wieder dienen, nicht herrschen.(Karin Küblböck, derStandard.at, 16.9.2010)