Noch immer ganz benommen vom schweren Malzgeruch und auf der anderen Seite vom Duft aus den leeren Whiskey-Fässern schwingen wir uns wieder auf die Eisen. Am Parkplatz sucht ein älteres Paar verzweifelt nach seinem Auto. Sie haben bei der Verkostung nicht abgelehnt und stecken nun den Schlüssel in x-beliebige Autos, in der Hoffnung, dass bei einem die Tür aufgeht. Bis wir vom Parkplatz wegfahren, werden sie doch wirklich fündig. Wir schauen, dass wir Meter machen – mit denen möchte ich mir keine Kreuzung teilen.

Foto: Guido Gluschitsch

Wir machen einen kurzen Halt in Ballycastle. Ein süßes, kleines Städtchen, in dem jedes Jahr Ende August der älteste Pferdemarkt Irlands stattfindet. Zwei von unserer Bande martern eine GS am Strand, während unser Leitwolf die Einwohner in Gespräche verstrickt. Das wird er in Zukunft öfter machen, um von uns abzulenken. Wir kommen ohne Polizei wieder von dort weg.

Foto: Guido Gluschitsch

Runter zum Torr Head führt eine kurvige, steile Straße, aus deren Mitte schon etwas Gras wächst. Ein Nervenkitzel, wenn man zu schnell ist und genau dort drauf das erste Mal in den Anker greift. Vor dem Torr Head angekommen gibt es nur eines: Motorrad abstellen und den kleinen Hügel hinaufsteigen.

Foto: Guido Gluschitsch

Oben steht ein altes, verlassenes und verfallenes Haus der Küstenwache, das 1822 gebaut wurde. Auf der Irland-Seite blickt man auf eine Landschaft wie aus dem Marketing-Prospekt des Tourismusverbands, nur dass hier kein Fotograf irgendetwas retuschieren muss. Auf der See-Seite sieht man in etwa 12 Kilometer Entfernung Schottland.

Foto: Guido Gluschitsch

In Cushendun verstrickt sich unser Leitwolf wieder tief ins Gespräch mit zwei Einheimischen, von denen jeder eine 125er fahren. Im Hintergrund beginnt der Besitzer eines anscheinend schon seit vielen Jahren geschlossenen Hotels, seine Ziege zu füttern, die er am Straßenrand angebunden hat. Er gibt ihr einfach zwei Dosen Diet Coke und geht danach wieder wortlos zurück ins Haus.

Foto: Guido Gluschitsch

Die Ziege hat dann vor Ort genau das getan, was einem von uns drohte, als er sah, wie das Vieh aus der Büchse soff.

Foto: Guido Gluschitsch

Die Nacht verbrachten wir nur einen Ort weiter, in Cushendall. Wir schliefen in einem Bed & Breakfast und das sehr gut. Die Motorräder haben wir im Hof abstellen können, und genau auf der anderen Seite lag das Restaurant und das Pub des heutigen Abends. Das Restaurant war ausgezeichnet, mein "Surf and Turf“ ein Geschmacksfeuerwerk. Nur gegen das Pub, das wir danach besuchten, war das alles nichts.

Foto: Guido Gluschitsch

McCollams Bar schaut weniger aus wie ein Pub als viel mehr eine Wohnung, in der man sich etwas zu trinken holt. Im Kaminzimmer saßen ein paar Männer, die musizierten, in der Küche machten sich ein paar von uns ein Bild davon, was passiert, wenn ein nationalistischer Schotte zu tief ins Glas schaut und seine Frau trotzdem die Hosen anhat.

Foto: Guido Gluschitsch

McCollams Bar kennt keine Sperrstunde, und wir gingen nicht eher, bis wir keine Lust mehr hatten, die kleinen Bushmills-Flaschen auch nur anzuschauen.

Foto: Guido Gluschitsch

Am nächsten Tag rissen wir einmal richtig am Gas. Bis nach Carrickfergus gab es nur ein Devise: Lächeln. Wir haben der Küstenstraße gezeigt, was die GSn hergeben und haben ausnahmsweise auch einmal andere Motorradfahrer getroffen. Sogar eine Gruppe mit Vespa-Fahrern ist uns in der Nähe von Carrickfergus entgegengekommen.

Foto: Guido Gluschitsch

Wir fuhren rein nach Belfast. Die Stadt, in der Gary Moore aufgewachsen ist und in der die Titanic gebaut wurde. Wir fuhren geradewegs in die Shankill Road, die Straße, die das protestantische Zentrum Belfasts ist.

Foto: Guido Gluschitsch

Zwei Kinder spielen mit Handgranaten, und einen aus unserer Gruppe trifft ein Stein, während er die Straße entlang fährt. Wir meinen, es war ein Lausbubenstreich. Trotzdem lassen wir hier unsere Motorräder mit den Dubliner Kennzeichen nicht einfach so stehen.

Foto: Guido Gluschitsch

So kalt und düster Belfast in der Shankill Road wirkt, so herzlich sind die Menschen dort. Kaum jemand, der nicht wissen will, woher wir kommen und was wir machen. Und sie helfen uns sogar, das Tor zu finden, das die Shankill Road von der Falls Road, der katholischen Straße trennt.

Foto: Guido Gluschitsch

Das Tor wird im Sommer immer wieder geschlossen. Denn wenn es heiß ist und die Leute zu viel Bier getrunken haben, dann kommt es vor, dass sie sich ganz stark fühlen. Sperrt man das Tor, müssen sie einen Umweg von rund fünf Kilometer gehen, um auf die andere Seite zu kommen. Das reicht den meisten, um wieder nüchtern zu werden.

Foto: Guido Gluschitsch

Geradezu romantisch ist danach der Besuch im Freilichtmuseum in Holywood. Ein typisches irisches Dorf ist hier aufgebaut, wie es im vergangenen Jahrhundert noch zu sehen war. Obwohl: So groß ist der Unterschied zu heute nicht.

Foto: Guido Gluschitsch

Gleich daneben, im Ulster Transport Museum läuft gerade eine Ausstellung über Joey Dunlop. Der Motorrad Rennfahrer ist in Nordirland so bekannt wie bei uns der Papst. Neben Dunlops Maschinen stehen hier Züge, Busse, Autos und Fahrräder.

Foto: Guido Gluschitsch

Nach einem Abstecher beim St. Patrick Center in Downpatrick, wo die Geschichte des irischen Heiligen sehr spannend aufgerollt wird, sind wir erst über die Berge und dann am Bandl zurück nach Dublin.

Foto: Guido Gluschitsch

Ich komme sicher wieder. Dann nehme ich mir die Westküste der grünen Insel vor. Hoffentlich wird es auch auf der Tour nie regnen.

Foto: Guido Gluschitsch