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Verteidigungsminister Guttenberg im Militärhubschrauber

Foto: AP/dapd/Fabrizio Bensch

Berlin - Der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor Guttenberg (CSU) fordert eine offene und ehrliche Debatte über die Verbindung von nationalen Wirtschaftsinteressen und Sicherheitspolitik. Deutschland müsse über diesen Zusammenhang, der in anderen Regionen der Welt längst als eine "Selbstverständlichkeit" angesehen werde, endlich "ohne Verklemmung" diskutieren, sagte Guttenberg am Dienstag in Berlin. Die Opposition reagierte empört und warnte den Minister davor, "Wirtschaftskriegen" das Wort zu reden.

Für Guttenberg dürfen regionale Sicherheit und Wirtschaftsinteresse nicht getrennt werden. "Die Sicherung der Handelswege und der Rohstoffquellen sind ohne Zweifel unter militärischen und globalstrategischen Gesichtspunkten zu betrachten", sagte er. Seit dem Fall der Mauer habe Deutschland "viel, vielleicht manchmal zu viel nach innen geschaut".

Vorbild China

Schwellenländer wie China, Indien oder auch Indonesien betrachteten die Durchsetzung nationaler Interessen "als Selbstverständlichkeit", sagte der Verteidigungsminister. Er unterstrich, der Bedarf dieser aufstrebenden Mächte an Rohstoffen steige ständig und trete damit "zunehmend mit unseren Bedürfnissen in Konkurrenz. Dies kann zu neuen Spannung, Krisen und Konflikten führen." Darauf müsse Sicherheitspolitik eine Antwort finden.

Opposition empört

"Wir warnen Guttenberg davor, den Verteidigungsauftrag der Bundeswehr in einen offensiven Interventionsauftrag zur Durchsetzung deutscher Wirtschaftsinteressen umzuinterpretieren", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. "Ein Blick in das Grundgesetz erleichtert das richtige Verständnis von Verteidigungspolitik: Das Grundgesetz erlaubt keine Wirtschaftskriege."

Für die Linke unterstrich deren Außenexperte Wolfgang Gehrcke, Guttenberg gehe in seinen Äußerungen noch weit über Ex-Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hinaus, der die Sicherheit Deutschlands am Hindukusch verteidigen wollte. "Das reicht Herrn zu Guttenberg offenbar nicht mehr. Seiner Ansicht nach muss die deutsche Wirtschaft weltweit militärisch betreut werden." Für die Durchsetzung deutscher Wirtschaftsinteressen dürfe aber kein Blut vergossen werden.

Der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour kritisierte die Äußerungen als "absurd". "Guttenberg muss überprüfen, ob sein Fokus als Verteidigungsminister der Verantwortung seines Amtes gerecht wird", sagte der Grünen-Politiker. Stabilität dürfe nicht zum Vehikel für Wirtschaftsinteressen werden. "Auslandseinsätze sind die Ultima Ratio in der Verteidigungspolitik".

Zugleich stellte sich Guttenberg hinter den früheren Bundespräsidenten Horst Köhler. Das Staatsoberhaupt sei im Frühjahr "fürchterlich geprügelt" worden dafür, dass er den engen Zusammenhang von Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen offen ausgesprochen habe. "Und ich stelle mir bis heute Frage, was so verwegen an dieser Aussage war", fügte Guttenberg hinzu. Im Grunde habe Köhler nur etwas Selbstverständliches ausgesprochen.

Guttenberg erinnerte daran, dass 20 Prozent des deutschen Außenhandels über den Seeweg gehen. Insofern sei Piraterie "keine Randnotiz", sondern eine "ernste Herausforderung" für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands. Zudem werde eine gewollte oder ungewollte Verknappung von Rohstoffen nicht ohne Einfluss auf die industrielle Leistungsfähigkeit und damit auf das wirtschaftliche Wohlergehen Deutschlands bleiben. "Da stellen sich Fragen auch für unsere Sicherheit, die für uns von strategischer Bedeutung sind." (APA/dapd/Reuters)