Im Krankheitsfall könne auf Hausmittel zurückgegriffen werden.

Foto: STANDARD/Matthias Cremer

Wien - Infektionen der oberen Atemwege haben jetzt Hochsaison. Experten raten, solche in erster Linie durch Viren ausgelöste Erkrankungen mit natürlichen Mitteln zu behandeln. Auf Antibiotika sprechen Patienten, die an Schnupfen und Husten bis hin zu Bronchitis laborieren, nämlich gar nicht an. Durch falsche Anwendung werden aber Resistenzen gegen die oft lebensrettenden Antibiotika weltweit mehr - auch in Österreich ist das in einigen Bereichen der Fall - und machen sie zunehmend unwirksam. Darauf wiesen Experten im Vorfeld des Europäischen Antibiotikatages (18. November) hin.

Antibiotika bei Viruserkrankungen sinnlos

"Eine akute Bronchitis mit Antibiotika zu behandeln ist ein Kunstfehler und sollte bestraft werden", sagte Christoph Wenisch, Vorstand an der Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin am Wiener SMZ Süd, bei einer Pressekonferenz in Wien. "Die meisten Atemwegsinfektionen - bis zu 90 Prozent - sind von Viren (meist Rhinoviren, Anm.) verursacht", betonte Christian Plaue, Leiter des Referats für Komplementärmedizin der Wiener Ärztekammer. "Antibiotika haben dagegen keinen Effekt." Auch bei akuter Bronchitis habe ihr Einsatz keine wesentliche Verbesserung gebracht: Die Patienten waren durchschnittlich nur einen halben Tag von insgesamt drei Wochen weniger lang krank.

Sinnlos verordnete Antibiotika tragen zur Entwicklung von Antibiotikaresistenzen bei, was zur Folge hat, dass immer mehr bakterielle Erkrankungen mit herkömmlichen Antibiotika nicht mehr so sicher und effizient behandelbar sind wie früher. Experten plädieren daher für eine verantwortungsvolle Anwendung von Antibiotika. "Dazu gehört der gezielte Einsatz in ausreichend hoher Dosierung über einen der Infektionskrankheit entsprechenden Therapiezeitraum. Jede überflüssige und ungezielte Therapie begünstigt eine Resistenzselektion", warnt Wenisch.

Langfristige Folgen

Der Schaden in Rachen und Darm bleibe auch bei kurzzeitiger antibiotischer Therapie bis zu vier Jahre bestehen, so der Mediziner. Und das mache den Patienten wieder anfälliger für neue Infektionen. Zur Sanierung einer geschädigten Darmflora stehen Arzneimittel zur Verfügung, die physiologisch im Darm vorkommende Lactobazillen, Enterokokken oder Coli-Bakterien enthalten.

Bei Kindern führe die häufige Antibiotikagabe "zu einem erhöhten Asthma- und Allergierisiko. Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit, an Neurodermitis zu erkranken", sagte die auf Heilpflanzenkunde spezialisierte Ärztin Petra Zizenbacher.

Ursachen für die Zunahme von Atemwegserkrankungen seien die belastete Luft in den Städten, überhitzte Innenräume, wenig Bewegung an der frischen Luft, einseitige Ernährung und fehlende Abhärtung, erklärte Zizenbacher. Die Gegenstrategien: gesünder essen und ausreichend trinken, das Immunsystem durch Abhärtung stärken und viel Bewegung im Freien. "Erwachsene und Kinder gehören hinaus - bei jedem Wetter."

Hausmittel helfen

Im Krankheitsfall könne auf Hausmittel zurückgegriffen werden: Bei Husten helfen Thymian, Spitzwegerich oder Efeu, gegen Halsschmerzen Gurgeln mit Salzwasser. Durch Inhalieren mit Kamillen- oder Salbeisud lasse sich die Nase freibekommen, sagte Zizenbacher. Sie rät vor allem zu "Bettruhe und Entschleunigung des Lebens".

"Pflanzliche Arzneimittel sind für die Behandlung von Atemwegserkrankungen besonders geeignet", meinte Wolfang Kubelka, Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Phytotherapie. "Die Inhaltsstoffe wirken nicht wie eine Einzelsubstanz wie z.B. Aspirin, sondern in ihrer Mischung wie ein Arzneistoff-Cocktail." Neu in den Apotheken ist ein Extrakt aus den Wurzeln der Kapland-Pelargonie (Markenname Kaloba), die Wirksamkeit sei in Studien mit 10.000 Erwachsenen und 4.000 Kindern belegt worden.

Wenn Österreicher "verkühlt" oder erkältet sind, behandeln sie sich in erster Linie selbst - mit Hausmitteln wie Kräutertees und Wadenwickeln. 38,2 Prozent fragen ihren Apotheker um Rat und kaufen ein nicht verschreibungspflichtiges Medikament, 35,1 Prozent gehen zum Hausarzt. (APA/red)