Sex mit einer Schlafenden, ein angeblich bewusst zum Platzen gebrachtes Kondom und das eigene Körpergewicht als Druckmittel zur Durchsetzung sexueller Wünsche: Dies sind nach Medienangaben neben einer nicht näher beschriebenen "sexuellen Kränkung" die konkreten Vorwürfe von zwei Schwedinnen gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange.

Geld von Medien?

Der Londoner "Guardian" gab am Wochenende detailliert wie vorher keine andere Zeitung den Inhalt der Stockholmer Anklagen gegen den 39-jährigen Australier wieder. Das Blatt nahm auch Assanges Gegenvorwurf eines "abgekartetes Spiels" der Frauen mit angeblichen SMS-Beweisen unter die Lupe: Beide hätten ausschließlich freiwilligen Sex mit ihm gehabt und auf Geld von Medien spekuliert, ehe sie gemeinsam zur Polizei gegangen seien, sagte Assange von seinem englischen Domizil Ellingham Hall aus. Stimmt nicht, meinte die Londoner Zeitung unter Berufung auf geheime Verhörprotokolle der Staatsanwaltschaft, zu denen man "nicht autorisierten" Zugang bekommen habe.

Diesmal aber nicht über das Enthüllungsportal Wikileaks. Als dessen international berühmter Sprecher war Assange Mitte August zu einem Seminar nach Stockholm gekommen. Hier bot ihm laut "Guardian" "Fräulein A", die ein Seminar für den Australier mitorganisierte, ihre Wohnung als Bleibe an. Und hier setzte Assange nach Aussage der Frau dann mit Hilfe seines Körpergewichts nicht erwünschten Sex durch, was als sexuelle Nötigung gewertet wird. Zudem soll er mit dem von ihr verlangten Kondom "etwas gemacht" haben, so dass es geplatzt sei. Auch danach habe der Australier bis zum Ende weitergemacht.

"Es war nicht nur der schlechteste Sex, den ich je hatte, sondern auch gewaltsam."

Trotz dieses Konfliktes konnte der Mann von Wikileaks dem Bericht zufolge aber weiter in der Wohnung bleiben, und er war demnach sogar Mittelpunkt einer Party, zu der "Fräulein A" Freunde einlud. Auf dem Fest sagte sie einer Freundin nach den Polizeiangaben: "Es war nicht nur der schlechteste Sex, den ich je hatte, sondern auch gewaltsam."

Zur Polizei ging sie damit nach ihren eigenen Angaben erst, nachdem sie sich mit "Fräulein W" über sehr ähnliche unerwünschte Kontakte mit Assange ausgetauscht hatte. W war als "bekennender Assange-Fan" zu dem Stockholmer Seminar gekommen, hatte sich mit dem Australier anschließend zum Kino in der hintersten Reihe verabredet und den berühmten Mann in ihre Wohnung nach Enköping mitgenommen. Dort habe es im Bett zwar eine Kontroverse über Sex mit oder ohne Kondom gegeben, aber keinen Geschlechtsverkehr, berichtete "Guardian".

HIV-Test abgelehnt

Am nächsten Morgen, so berichtete W der Zeitung zufolge der Polizei, sei sie nach dem gemeinsamen Frühstück wieder eingeschlafen und aufgewacht, als Assange ungeschützten Sex mit ihr ausgeführt habe. Hier handelte es sich nach Auffassung der Staatsanwaltschaft um Vergewaltigung.

Dass Assange dann einen HIV-Test abgelehnt haben soll, soll der entscheidende Grund für den gemeinsamen Gang von A und W zur Polizei gewesen sein. Keine der beiden zeigte ihn aber an. Das Ermittlungsverfahren wurde allein von der zuständigen Staatsanwältin in Gang gesetzt.

Komplott vermutet

Dass dieser Ablauf für das von Assange vermutete US-Komplott spricht, glauben in Stockholm auch Wikileaks-Mitstreiter nicht. "Es gibt nur ein Problem zwischen Julian und zwei Frauen", sagte der schwedische Wikileaks-Sprecher "Harold" dem "Guardian". Man solle die "ganz normalen Ermittlungen" ihren Lauf nehmen lassen. (APA/dpa)

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