Washington - Gabrielle Giffords ist eine gute Schützin. "Ich habe eine Neun-Millimeter-Glock, und ich schieße ziemlich gut", sagte die US-Abgeordnete im vergangenen Jahr zur "New York Times". Auch Jared Loughner besaß völlig legal eine Waffe des Herstellers Glock. Der 22-Jährige nutzte sie am Samstag in Tucson für das Attentat, bei dem Giffords schwer verletzt und sechs Menschen getötet wurden. Die Bluttat hat erneut den Blick auf die laxen Waffengesetze in den USA gerichtet. Gerade der Fall der Abgeordneten Giffords zeigt aber auch, warum Gegner der Waffenfreiheit auf verlorenem Posten stehen.

Giffords war nicht gegen das Recht auf Waffenbesitz. Im Gegenteil: So wie viele ihrer Wähler im alten Wildwest-Staat Arizona verteidigte sie resolut das verfassungsmäßig verbriefte Recht auf Waffenbesitz. Arizona ist einer von nur drei US-Staaten, in dem Bürger ohne Sondergenehmigung verdeckt Waffen tragen dürfen - so auch der mutmaßliche Attentäter Loughner, trotz psychischer Auffälligkeiten. Waffen dürfen auch mit in Bars und Restaurants genommen werden. Im Landesparlament von Arizona liegt derzeit ein Gesetzentwurf vor, der Studenten das Tragen verdeckter Waffen auf dem Campus erlauben soll.

Die Polizei steht der Aufrüstung der Bevölkerung fast hilflos gegenüber. "Ich bin dagegen, jeden hier im Staat überall verdeckte Waffen tragen zu lassen", sagte Tucsons Sheriff Clarence Dupnik nach dem Attentat. Resigniert fügte er mit Blick auf die schießwütige Wildwest-Stadt Tombstone hinzu: "Wir sind das Tombstone (Grabstein, Anm.) der USA." Der Sheriff weiß: Nicht die Polizei macht die Gesetze, sondern die gewählten Abgeordneten im Landesparlament und im Kongress in Washington. Und bei denen fehlt der politische Wille zu einer grundlegenden Änderung. Die Waffenbesitzer haben in Washington eine politische und finanziell mächtige Lobby.

Dabei sterben in den USA jedes Jahr etwa 30.000 Menschen durch Schusswaffen. Knapp 60 Prozent davon sind Selbstmorde, 40 Prozent sind Tötungsdelikte. Weitaus mehr Bürger werden im eigenen Land erschossen als bei Kriegseinsätzen im Ausland, etwa im Irak oder in Afghanistan. Befürworter überhöhen den Waffenbesitz zu einer unverzichtbaren kulturellen Eigenheit der USA. Besonders ausgeprägt ist dieses Empfinden in ländlichen Regionen wie Arizona. Giffords vertrat mit ihrer Pro-Waffen-Politik die Mehrheit ihrer Wähler im Wahlkreis. Als Gegnerin des Waffenbesitzes hätte sie wohl keine Chance gehabt.

Unter dem Eindruck des Schocks über das Attentat wollen einige von Giffords' Kongresskollegen einen neuen Vorstoß zur Verschärfung der Waffengesetze wagen. Tucson habe erneut gezeigt, "warum wir gefährliche Waffen aus den Händen der falschen Leute fernhalten müssen", sagte die demokratische Abgeordnete Carolyn McCarthy. Seit ihr Mann 1993 von einem Amokläufer erschossen wurde, setzt sie sich für strengere Waffenkontrolle ein - und steht meist auf verlorenem Posten. In den vergangenen zehn Jahren wurden die wenigen bestehenden Beschränkungen durch Gerichte und Parlamente weiter aufgeweicht.

Die Waffengegner wollen nun zumindest durchsetzen, dass Hochkapazitätsmagazine mit 30 Schuss - wie sie der Attentäter von Tucson nutzte - verboten werden. Das Magazin könnte etwa auf zehn Schuss begrenzt werden. Danach muss der Schütze das Magazin wechseln, ehe er weiterschießt. Genau dabei - beim Wechseln des Magazins - wurden der Attentäter von Tucson wie auch andere Täter vor ihm überwältigt.

Freilich haben selbst solche begrenzten Beschränkungen im US-Kongress kaum eine Chance, wo eine große Koalition der Waffenbefürworter beider Parteien jedes Zugeständnis blockiert. Seit die konservativen Republikaner die Kongresswahl im November gewannen, sind eingefleischte Waffenbefürworter auf Schlüsselpositionen aufgerückt. Der texanische Republikaner Lamar Smith, der Vorsitzende des Justizausschusses, steht jeder Verschärfung der Waffengesetze skeptisch gegenüber. "Es ist enttäuschend, dass manche Abgeordnete das Attentat dazu nutzen, ihre persönliche Agenda durchzudrücken", sagte er. (APA)