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Vorbild Tierwelt: Hamstern, was die Backentaschen hergeben.

Foto: APA/Arno Burgi

Kann ein einzelner Mensch so wichtig sein, dass sich renommierte Wirtschaftsprüfer und Finanzexperten befehden und Anleger Millionen auf ihn wetten? Er kann - wenn er André Rettberg heißt. Der Ex-Libro-Chef sagt gewöhnlich, was er denkt. Glaubt man. Was er nämlich zum Prozessauftakt ablieferte, war salbungsvolles Geschwätz. Rettberg spricht von Visionen - tatsächlich war es Größenwahn. Dafür bekommt er nun auch so unschöne Worte wie schwerer Betrug, Bilanzfälschung und Untreue an den Kopf geworfen. Denn bei seiner kreativen Buchführung trieb es Libro bekanntlich besonders bunt. Die Aktien waren bei ihrer Ausgabe faktisch wertlos, die Anleger um fast 78 Millionen ärmer, Rettberg - selbstredend - um ein paar Netsch reicher. 2001 war Schluss, das Unternehmen mit 305 Millionen Euro Passiva pleite. Dafür kassierte Rettberg 120.000 Schilling Monatsgehalt, unterschrieb Bilanzen, die der Sterndeutung näher lagen als seinem Verstand.

Der Fall Enron ist dafür zum Synonym geworden.

Noch im Jahr 2000 rühmte sich der Energiekonzern als siebtgrößtes Unternehmen der USA. Der Umsatz lag bei astronomischen 101 Milliarden, der Börsewert bei über 60 Milliarden Dollar. Weiters: Auf der Fortune-Liste "Most Admired American Companies" thronte die Firma in der Kategorie "Qualität des Managements" auf Platz eins.

Während Enron 2001 aufgrund fortgesetzter Bilanzfälschungen einen der größten Unternehmensskandale, welche die US-Wirtschaft bislang erlebte, verursachte, bescheinigten die weltweit führenden Ratingagenturen Standard & Poor's und Moody's dem Unternehmen munter eine "vorzügliche Bonität". Wirtschaftshistorisch nur wenige Minuten später wurden 30 Milliarden Dollar Schulden offenbar, "Sekunden" davor ließ sich Konzernchef Kenneth Lay eine Abfindung in Höhe von 300 Millionen Dollar auszahlen. Echte Kerle, wahre Manager wachsen eben nicht auf Bäumen und wenn doch, fallen sie zumindest weich. Denn problematisch wird es immer dann, wenn Generaldirektoren im Erfolgsfall wie Eigentümer behandelt werden, ohne jedoch deren Risiken bei Misserfolg oder Marktschwäche tragen zu müssen. (Sigrid Schamall)