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"In Deutschland, wo ich herkomme, ist Kritik an Verfahren üblicher, und das wäre auch in Österreich dringend nötig", meinte Petra Velten im Zeitungs-Interview. Nun könnte eben diese Kritik rechtliche Folgen haben

Foto: APA/Gindl

Ja, es stimmt: Er habe die Staatsanwaltschaft Klagenfurt gebeten, zu prüfen, ob die scharfe Kritik der Linzer Strafrechts-Professorin Petra Velten an der Führung des Tierschützerprozesses als "üble Nachrede" oder gar "Verleumdung" zu werten sei. Das bestätigte Manfred Herrnhofer, Vizepräsident der österreichischen Richtervereinigung, auf derStandard.at-Anfrage. Wie berichtet, hatte die Richterin im Wiener Neustädter Prozess, Sonja Arleth, im Verfahren von "rechtlichen Schritten der Richtervereinigung gegen Petra Velten" gesprochen.

Stein des Anstoßes war für die Richtervereinigung ein Interview, das Velten am 24. Jänner der Kleinen Zeitung gegeben hatte. Dort sagte sie, die selbst einen Prozesstag in Wiener Neustadt beobachtet hatte, Arleths Verhandlungsstil sei "weit weg von einem rechtsstaatlichen Verfahren".

"Wir sind nicht im Sudan"

Diese Aussage "bringt den guten Ruf der Unparteilichkeit der Rechtssprechung in Gefahr", glaubt Herrnhofer. "Wir sind nicht in der Türkei, wir sind nicht im Sudan, wir sind in Österreich. Da wird menschenrechtskonform verhandelt", so der Vizepräsident. Velten müsse "als Wissenschafterin, die auch einen Eid abgelegt hat, sich der Auswirkungen solcher Aussagen bewusst sein" - diese beschädigten die Glaubwürdigkeit der Justiz. Das Präsidium der Richtervereinigung habe daher beschlossen, eine Sachverhaltsdarstellung einzubringen. Quasi zum Schutz der Richterin, die "sich ja nicht wehren kann", meint Herrnhofer: Würde Arleth selbst rechtlich gegen Velten vorgehen, wäre das ein Befangenheitsgrund. 

"Sehr bedenklich"

Der Wiener Verfassungsrechts-Professor Bernd-Christian Funk kann in Veltens Aussagen nichts strafrechtlich Relevantes erkennen:  "Solange in einem Strafverfahren die Öffentlichkeit nicht ausgeschlossen ist, muss auch die Möglichkeit bestehen, sich öffentlich kritisch darüber zu äußern", sagt Funk zu derStandard.at. Im Vorgehen der Richtervereinigung sieht Funk "einen rechtsstaatlich sehr bedenklichen Versuch, objektive Kritik zu unterdrücken" - objektive Kritik, der sich Funk nur anschließen kann: Auch er sieht die Verfahrensführung im Widerspruch zu menschenrechtlichen Grundsätzen.

"Ich vermag nicht zu erkennen, inwieweit die Prozessführung dem Grundsatz der Verfahrensfairness entspricht", erklärt Funk: Und dies sei "keine üble Nachrede, sondern eine öffentliche Kritik, die sich die Richterin wohl gefallen lassen muss." Petra Velten selbst war für die Redaktion nicht zu erreichen. Sollte es zu einer Anklage kommen, droht der Strafrechts-Professorin im Extremfall bis zu einem Jahr Haft. (Maria Sterkl, derStandard.at, 7.2.2011)

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