Nikosia/Istanbul - Antitürkische Demonstrationen im griechischen Teil Zyperns sind keine Besonderheit, Slogans gegen Ankara im türkischen Teil der Insel aber eine kleine Revolution. Genau die spielt sich derzeit in der nur von Ankara anerkannten Türkischen Republik Nordzypern ab. "Wir wollen euer Geld nicht" und "Hände weg von Zypern", stand auf Transparenten zu lesen. Der türkische Regierungschef Tayyip Erdogan schäumte vor Wut.

"Wer bist du, dass du sagen kannst: 'Nehmt eure Hände weg'? Ich habe Märtyrer, ich habe Kriegsveteranen, ich habe strategische Interessen", polterte Erdogan vergangene Woche bei einer Pressekonferenz gegen die Inseltürken, denen Ankara seit der Invasion 1974 auch finanziell unter die Arme greift - zuletzt mit jährlich mindestens einer halben Milliarde Euro.

Die Schelte an dem Inselvolk, das gegen ein Sparprogramm protestiert, hat der Regierung in Ankara aber nur trotzige Antworten beschert. "Herr Erdogan sollte wissen, dass der Ort, den er als strategisches Interesse für die Türkei betrachtet, unser Heimatland ist", heißt es etwa in einer Stellungnahme der Republikanischen Türkischen Partei (CTP) des früheren Präsidenten Mehmet Ali Talat. Dunkel fährt die Erklärung fort: "Wir (wehren) uns gegen alle Versuche, uns aus unserem Heimatland zu vertreiben, von wo auch diese Versuche kommen."

Minderheit im eigenen Land

Das lässt sich als Kritik am demografischen Wandel verstehen: Bald 40 Jahre nach der Teilung der Insel sind die türkischen Zyprer durch den massiven Zuzug von Türken aus Anatolien längst in der Minderzahl. Talat war am Montag von Erdogan zu einem Gespräch empfangen worden, der amtierende Präsident Dervis Eroglu berief sein Parlament zu einer Dringlichkeitssitzung ein, um den Schaden einzudämmen. (Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 9.2.2011)