Hat sich eine Eigentümergemeinschaft nach einem langwierigen Planungs- und Entscheidungsprozess und nach Klärung der Kosten- und Finanzierungsfrage samt allfälliger Förderoptionen durchgerungen, eine thermische Sanierung in Angriff zu nehmen, kann sich bei Gebäuden, die an der Grundstücksgrenze errichtet wurden, letztendlich die Dämmung der Feuermauer zum Stolperstein erweisen.

Wer nämlich nachträglich eine Feuermauer dämmen will, die im Ausmaß der Dämmstärke über die Grundstücksgrenze ragt, benötigt für den Grenzüberbau die Zustimmung des angrenzenden Liegenschaftseigentümers. In der Praxis zeigt sich, dass dies nicht immer so einfach ist, je nachdem, wie sich das Verhältnis zum Nachbarn gestaltet. Häufig muss die Zustimmung des/der Nachbarn - wenn überhaupt - mit haarsträubenden Abschlagszahlungen erkauft werden. Der sanierungswillige Gebäudeeigentümer befindet sich hier in einer denkbar schlechten Verhandlungsposition, denn entweder man einigt sich mit dem Nachbarn, oder die Feuermauer bleibt ungedämmt, was wiederum den Effekt einer thermischen Sanierung grundlegend in Frage stellen kann.

Verfügungsmaßnahme

Mitunter sind es aber nicht nur eigennützige wirtschaftliche Interessen benachbarter Grundeigentümer, die eine Einigung erschweren oder verhindern: Handelt es sich beim betroffenen Grundnachbarn beispielsweise um eine Wohnungseigentümergemeinschaft, erweist sich die Einholung der Zustimmung bereits bedingt durch die Größe der Wohnungseigentumsanlage, die mitunter eine beachtliche Anzahl von Wohnungseigentümern umfassen kann, in der Praxis als schwierig bis kaum möglich.

Da die Zustimmung zur Überbauung vordergründig eine Verfügungsmaßnahme darstellt und daher die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer erforderlich ist, reicht selbst ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft oder die Zustimmung des bestellten Verwalters als Vertreter der Eigentümergemeinschaft nicht aus.

Auch das öffentliche Baurecht vermag in diesen Fällen keine Abhilfe zu leisten. Zwar erlaubt beispielsweise die Wiener Bauordnung seit der Wiener Bauordnungsnovelle 2004 (Art V Abs 5 WBO, LGBl. Nr. 33/2004) bei bestehenden Gebäuden, dass nachträglich angebrachte Wärmedämmungen bis 16 cm über Fluchtlinien und Abstandsflächen vorragen dürfen. Dies betrifft jedoch nur die Beanspruchung öffentlicher Flächen sowie die Unterschreitung von Mindestabstandsflächen, eine Überbauung der angrenzenden Nachbarliegenschaft erfordert dennoch die Zustimmung des betroffenen Liegenschaftseigentümers. In den Baugesetzen der Länder finden sich zwar auch Regelungen, nach denen der Nachbar im Rahmen einer Bauführung oder Instandsetzung die Inanspruchnahme seines Grundes unter bestimmten Voraussetzungen zu dulden hat, aber auch hier ist nur von einer temporären, nicht jedoch von einer dauerhaften Beanspruchung des Nachbargrundstücks für die Durchführung von Arbeiten auszugehen (z.B. § 136 Wiener Bauordnung). In diese Richtung verweist auch eine Erkenntnis des VfGH, wonach eine Baubewilligung an sich nicht geeignet ist, in das Eigentumsrecht des benachbarten Grundeigentümers einzugreifen. Eine Baubewilligung sagt nichts darüber aus, ob der bewilligte Bau nicht etwa mit Mitteln des Privatrechtes verhindert werden kann.

Entscheidung in Deutschland

Während in einem deutschen Urteil des Landesgerichts Karlsruhe unlängst entschieden wurde, dass das allgemeine Interesse an der Wärmedämmung nicht den Eingriff in das Eigentumsrecht des benachbarten Grundeigentümers rechtfertige, existieren in Österreich noch keine oberstgerichtlichen Entscheidungen hinsichtlich der Auseinandersetzung über die Frage einer über die Grundstücksgrenze ragenden Wärmedämmung.

Ein Liegenschaftseigentümer kann aufgrund seines Eigentumsrechts grundsätzlich jederzeit die Räumung der Liegenschaft von jedem verlangen, der ihm gegenüber keinen Rechtstitel zu ihrer Benützung hat. Die Berufung auf die Freiheit des Eigentums kann aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls jedoch rechtsmissbräuchlich sein - so wird auch das Eigentumsrecht durch das Verbot der schikanösen Rechtsausübung beschränkt. Bei einem geringfügigen Grenzüberbau kann der Schikaneeinwand des Bauführers berechtigt sein. Ein Rechtsmissbrauch liegt nach nunmehr ständiger Rechtsprechung nicht nur dann vor, wenn die Schädigungsabsicht den einzigen oder überwiegenden Grund der Rechtsausübung bildet (Schikane), sondern auch dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten einzelnen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein ganz krasses Missverhältnis besteht. Ob jedoch ein Rechtsmissbrauch vorliegt, ist eine nach den Umständen des Einzelfalls zu klärende Rechtsfrage.

Damit die Frage der Wärmedämmung einer Feuermauer nicht zum Austragungsort für schikanöse nachbarrechtliche Auseinandersetzungen missbraucht wird, sollte sie einer gesetzlichen Lösung zugeführt werden. Dies würde nicht nur zu einer Erleichterung für die Umsetzung thermischer Sanierungen führen, sondern diese in vielen Fällen überhaupt erst ermöglichen.