1. Finanz- und Wirtschaftskrise wurde nicht durch zu viel Wettbewerb ("Marktversagen"), sondern durch zu wenig (bzw. falsche) Regulierung (der Finanzmärkte und -institutionen), (mit)verursacht ("Staatsversagen").

2. Ein funktionsfähiger, fairer marktwirtschaftlicher Wettbewerb ist für eine prosperierende Volkswirtschaft unersetzlich: Wettbewerb zwingt zur Innovation. Innovation sorgt für Wirtschaftswachstum. Wachstum führt zu Beschäftigung und Wohlstand.

3. Alternativen zur Wettbewerbswirtschaft (Planwirtschaft oder aktuell die von Attac und Geichgesinnten propagierte Utopie einer Gemeinwohl-Ökonomie) können Vergleichbares im großen Maßstab nicht leisten.

4. Wettbewerb ist Teil der Lösung, nicht Teil des Problems. Eine (generelle) Einschränkung des Wettbewerbs wäre die falsche Reaktion zur Krisenbewältigung. Vielmehr muss in manchen Bereichen erlahmter Wettbewerb wieder zum Funktionieren gebracht werden.

5. Märkte, auf denen funktionsfähiger Wettbewerb herrscht (Wettbewerbsmärkte), stellen eine wichtige Vorbedingung für aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive erfolgreiche Privatisierungen dar.

6. Staatseingriffe (bspw. in Form öffentlichen Eigentums an Unternehmen) sind in einer Marktwirtschaft nur dann gerechtfertigt, wenn Marktversagen vorliegt und dieser konkrete Staatseingriff dieses Marktversagen auch beseitigen kann (Zweiteres wird gerne und oft vergessen!).

7. Eine (soziale) Marktwirtschaft benötigt einen starken und effizienten Staat, nicht einen schwachen und ineffizienten. Die vordringlichste Aufgabe des Staates ist es, durch entsprechende Regulierungs- und Wettbewerbspolitik funktionierenden Wettbewerb nachhaltig zu gewährleisten.

8. Auf Wettbewerbsmärkten können Privatisierungen die Effizienz von Unternehmen und der Gesamtwirtschaft signifikant verbessern.

9. Ist ein Markt durch Wettbewerbsbeschränkungen gekennzeichnet, sind seitens des Staates vor einer Privatisierung durch Liberalisierung eine Öffnung des Marktes für den Wettbewerb sowie die Begleitung der Marktöffnung durch eine entsprechende Regulierungs- und Wettbewerbspolitik herzustellen, damit sich ein nachhaltig funktionierender Wettbewerb etablieren kann.

10. Nicht überall, wo sich in der Vergangenheit (in Österreich) wettbewerbsintensive Märkte nicht gebildet haben, ist es per se regulatorisch unmöglich funktionierenden Wettbewerb herzustellen. In manchen Bereichen besteht (leider) kein ernstzunehmendes (politisches) Interesse an einem wirklich funktionierenden marktwirtschaftlichen Wettbewerb. Die österreichische Energiewirtschaft ist dafür das "Paradebeispiel": "Regionale Monopolisten" zu privatisieren, macht ökonomisch wenig Sinn, da diesfalls nur Monopolrenten vom öffentlichen zum privaten Sektor umverteilt werden würden.

11. Bei Unternehmen der Daseinsvorsorge (Energie, Wasser, öffentlicher Verkehr, Postdienstleistungen, etc.) besteht ein starkes öffentliches Interesse an einer sicheren und leistbaren Versorgung der Bevölkerung: Dieses öffentliche Interesse kann eine dauerhafte strategische Beteiligung des Staats als Kernaktionär an diesen Unternehmen mit Sperrminorität (25 Prozent+eine Aktie) rechtfertigen. Eine darüber hin-aus gehende Beteiligung ist im Normalfall zur Sicherung des öffentlichen Interesses weder aus gesellschaftsrechtlicher noch aus ökonomischer Sicht erforderlich.

12. Alle anderen staatlichen Unternehmen, die auf Wettbewerbsmärkten tätig sind und an denen dieses spezielle öffentliche Interesse nicht besteht, könnten aus ökonomischer Perspektive prinzipiell zur Gänze privatisiert werden.

13. Letztlich hängt das konkrete Ausmaß einer Privatisierung davon ab, welche Ziele die Politik festlegt. Diesbezüglich stehen ihr auf einer als Kontinuum darstellbaren Eigentumsskala mit den Extrempunkten vollständiges Staats- oder Privateigentum mannigfaltige Optionen offen. Komplementär können ggf. noch alternative Instrumente (z. B. die Gestaltung der Satzung) zur Verfolgung des öffentlichen Interesses Anwendung finden.

14. Auf politischer Ebene stellt die Akzeptanz in der Bevölkerung (und bei deren politischen Repräsentanten) die wichtigste Voraussetzung für erfolgreiche Privatisierungen dar.

15. Wo in der Vergangenheit kaum ideologisch Motive eine Rolle für die Verstaatlichung gespielt haben, gibt es auch keinen Grund, warum ideologische Positionen einer Entstaatlichung entgegen stehen sollten. Wo allerdings "handfeste" praktische (ökonomische oder technische) Probleme bei einer Überführung öffentlichen in privates Eigentum (fort)bestehen, gibt es keinen Grund für eine Privatisierung "um der Privatisierung willen" bzw. "um jeden Preis".

16. "Bei öffentlichen "Reizthemen" wie Privatisierungen ist 'supersauber' zu wenig, nur wirklich (klinisch) rein ist ausreichend. Kompromisslose Transparenz ist eine unabdingbare Voraussetzung für glaubwürdige und in der Öffentlichkeit akzeptierte Privatisierungsvorhaben. Dazu ist es notwendig das gesamte Privatisierungsvorhaben unter der Vorgabe der Einhaltung der höchstmöglichen Transparenzstandards aufzusetzen und das Design aller Phasen des Privatisierungsprozesses entsprechend zu gestalten.

17. Privatisierungen bedürfen einer gründlichen strategischen und operativen Vorbereitung, um zum richtigen Zeitpunkt tatsächlich erlösmaximierend realisiert werden zu können.

18. Staatliches Eigentum ist nicht ohne Opportunitätskosten. Das in Unternehmensbeteiligungen gebundene Kapital steht nicht mehr für andere Staatsaufgaben zur Verfügung. Mit der Zweckwidmung von Privatisierungserlösen für Zukunftsinvestitionen (Forschung, Technologie, Innovation und Bildung) könnten langfristig deutlich größere Effekte für Wachstum und Beschäftigung induziert werden als wenn öffentliches Kapital in nicht zur Sicherung des öffentlichen Interesses notwendigen Unternehmensbeteiligungen investiert bleibt. Mit dieser positiv konnotierten "Privatisierungsstory" könnte auch die Öffentlichkeit leichter gewonnen werden.

Michael Böheim ist Industrie- und Wettbewerbsökonom in Wien sowie ehemaliger, im Zuge der (zweifelhaften) Privatisierung der Austria Tabak "hinausgedrängter" AT-Kleinaktionär.(Kommentar der Anderen, Michael Böheim, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.5.2011)