Der neue Machtkampf zwischen Demokraten und Sozialisten lockt die Albaner nicht mehr auf die Straße. Sie kennen das Theater zur Genüge und wissen, dass es nichts mit ihnen zu tun hat. Nachdem Oppositionschef Edi Rama bei den Bürgermeisterwahlen für Tirana mit zehn Stimmen vorne lag, beschloss die Wahlkommission, in der mehr Demokraten sitzen, auch Stimmen auszuzählen, die in falsche Urnen geworfen worden waren. Und siehe da: Nun ist der Regierungskandidat Lulzim Basha Erster.

Die Entscheidung der Wahlkommission war politisch motiviert: Wäre Basha von vornherein Sieger gewesen, hätte sie höchstwahrscheinlich keinen Finger gerührt. Eine unklare Rechtslage wurde also dazu benutzt, das Ergebnis umzukehren. Die Lokalwahlen in Albanien zeigen vor allem, dass sämtliche Institutionen von Parteien kontrolliert sind. Die Demokraten unter Premier Sali Berisha und die Sozialisten unter Bürgermeister Rama sorgen mit ihrem Klientelismus dafür, dass die Verwaltung abhängig bleibt und kein Vertrauen in den Staat entsteht. Die Wahlergebnisse reflektieren auch stark, wer über mehr Geld verfügt.

"Man kann nicht erwarten, dass eine Blutanalyse positiv ausfällt, wenn man einen so kranken Körper durchtestet", konstatiert der Intellektuelle Fatos Lubonja. Albanien ist eine Demokratie ohne demokratisch denkende Politiker an der Spitze. Der nächste Schritt wäre, dass die Albaner lernen, wie sie diese loswerden. Dringend. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 25.5.2011)