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Bin Hammam (l.) zog zurück.

Foto: EPA/AHMAD YUSNI

Zürich/Wien - Nur wenige Stunden bevor die mächtigsten Fußball-Granden des Weltverbandes Fifa am Sonntag vor dem Ethikkomitee zu einer Korruptionsaffäre aussagen mussten, wurde die Fußball-Welt in ihren Grundfesten erschüttert. Mohamed Bin Hammam, einziger Herausforderer von Amtsinhaber Joseph S. Blatter bei der Präsidentenwahl, stürzte die Fifa mit seinem überraschenden Rückzieher nur vier Tage vor dem Urnengang in ein veritables Chaos. Die wohl größte Krise in der 107-jährigen Geschichte des privaten Schweizer Vereins mit Milliardenvermögen ist damit freilich längst nicht ausgestanden.

"Die jüngsten Vorfälle haben mich in offizieller und privater Hinsicht verletzt und enttäuscht", heißt es in einem Statement des Katarers Bin Hammam: "Ich kann es nicht zulassen, dass das Ansehen der Fifa mehr und mehr in den Schmutz gezogen wird. Deshalb habe ich beschlossen, meine Kandidatur zurückzuziehen."

Bin Hammam, der Chef des asiatischen Kontinentalverbandes, war wegen möglicher Bestechungsabsprachen und Schmiergeldzahlungen vor die Kommission zitiert worden. Als Schuldeingeständnis will der 62-jährige Geschäftsmann seinen Rückzieher aber nicht gedeutet wissen. Er will vor dem Komitee "mit den grundlosen Anschuldigungen, die gegen mich erhoben worden sind, aufräumen", schrieb er.

Sollte auch Blatter, der von Zahlungen an Fifa-Mitglieder gewusst und diese toleriert haben soll, über die Affäre stolpern, gäbe es am Mittwoch keinen Kandidaten. Uefa-Präsident Michel Platini hat als Kompromisskandidat bereits abgewunken. Eine Kandidatur sei "ausgeschlossen", sagte der Franzose, der auch Fifa-Vizepräsident und Mitglied der Fifa-Exekutive ist. Er werde seine vierjährige Amtszeit als Uefa-Präsident, die er im März dieses Jahres angetreten hatte, erfüllen. "Wenn es keine Wahl gibt, wird es kompliziert", sieht Platini die Fifa schweren Zeiten entgegensteuern. "Ich weiß nicht, was dann passiert. Die Fifa muss sauber sein, gut sein und an die Werte des Fußballs denken."

Fifa-Vizepräsident Jack Warner, der als Dritter neben Blatter und Bin Hammam vor die Ethik-Kommission treten muss, hatte mit seiner Aussage gleich einen "Fußball-Tsunami" angekündigt. Der 68-Jährige aus Trinidad wird laut einem Bericht des Telegraph beschuldigt, bei einem Treffen des Fußballverbandes der Karibik am 10. und 11. Mai mit Schmiergeld Stimmung für eine Wahl Bin Hammams zum Präsidenten gemacht zu haben. 25 Fifa-Funktionären aus der Karibik sollen insgesamt eine Million Dollar angeboten worden sein. Vier Funktionäre hätten demnach die Annahme verweigert und Untersuchungen einleiten lassen. Die Ethikkommission hat mittlerweile die Exekutivkomitee-Mitglieder Mohammed bin Hammam und Jack Warner wegen des Verdachts der Korruption vorläufig suspendiert.

DFB-Präsident Theo Zwanziger forderte schon vor den Ergebnissen der Anhörung vor der Ethik-Kommission die Einrichtung einer externen Untersuchungskommission. "Es braucht eine sichtbare Gewaltenteilung innerhalb der Organisation und, in schweren Fällen, eine unabhängige Kommission außerhalb der Fifa. Die Fifa hat ein Imageproblem, in der Tat, und alle müssen daran arbeiten, es zu lösen."

Zwanziger würdigte aber, wie auch Franz Beckenbauer, die bisherigen Verdienste von Blatter. "Er macht einen wunderbaren Job", sagte Beckenbauer. "Die Fifa ist wie die Vereinten Nationen. Wir haben 208 Mitglieder, das ist nicht einfach zu handhaben." Die Korruptionsaffäre bezeichnete Beckenbauer als "Desaster". (red, DER STANDARD Printausgabe, 31.5.2011)