Quaestiones medico-legales: Hinder den Kulissen der Rechtsmedizin

Patrik Budenz, 160 Seiten, Euro 28,00, 87 Schwarz-Weiß-Abbildungen, Peperoni Books, 2011, ISBN 9783941825215

Foto: Peperoni Books/Patrik Budenz

„Willst du denn wirklich so etwas fotografieren? Das war die erste Reaktion, als ich meiner Familie erzählte, dass ich eine Fotoserie über die Rechtsmedizin erstellen wollte."

Foto: Peperoni Books/Patrik Budenz

„Das ist doch vollkommen unrealistisch", war Patrik Budenz erster Gedanke als er beim abendlichen Zappen durch die Fernsehkanäle bei der Serie CSI hängenblieb. Der Fotograf wollte es genauer wissen und hat Rechtsmediziner am Berliner rechtsmedizinischen Institut vier Jahre lang bei ihrer Arbeit begleitet. 

Bei CSI ist alles möglich. Folge für Folge darf der Zuschauer beobachten, wie Computerspezialisten, Biologen und Chemiker in achtlos weggeworfenen angebissenen Äpfeln die DNA eines Mörders entdecken oder über Haaranalysen die Spur eines Entführungsopfers verfolgen. Die Täter sind in jedem Fall schnell überführt, denn die Spezialisten arbeiten mit High-Tech-Methoden in Designer-Labors, die eher an Cocktail-Bars erinnern, als an Arbeitsplätze. 

Die Wirklichkeit ist eine andere. Rechtsmediziner sind weder Polizeibeamte noch Ermittler. Trotzdem tragen sie im Unterschied zu Pathologen ganz wesentlich zur Aufklärung von Gewaltverbrechen bei.

Gewöhnungsbedürftige Gerüche und Geräusche

„Blicken Sie den Toten nicht direkt in die Augen. Das macht es einfacher", mit diesem Tipp eines Sektionsassistenten machte sich Patrik Budenz mit der Kamera auf seinen ersten Weg in den Sektionssaal. Der Autor erwies sich als „leichenfest". Von Übelkeit und Ohnmachtsanfällen blieb er verschont. An den stechenden Fäulnisgeruch und an das leise Knirschen, das die Durchtrennung der Rippen beim Öffnen des Brustkorbes verursachte, konnte er sich aber nicht gewöhnen. 

Budenz hat Rechtsmediziner bei der Arbeit am Tatort, im Sektionssaal, im Labor und hinter dem Schreibtisch mit seiner Kamera begleitet. Eine Grenzerfahrung, die für ihn innerhalb von vier Jahren zur Normalität wurde. Eine Normalität, die sich auch in seinen Bildern wiederspiegelt. In Schwarz-Weiß gehalten, zeigen die Aufnahmen weniger Schockierendes als Anmutiges. Der Betrachter wird fasziniert von den Details und gewinnt gefühlvolle Einblicke in eine reale Welt, die mit der Fiktion der Fernsehserien wenig zu tun hat. (derStandard.at, 16.06.2011)