Foto: E. Nguyen, Gilles Martin Raget

Standard: Was ist der schönste Teil eines Segelbootes?

Luca Bassani: Der Bug. Er ist das Gesicht eines Bootes.

Wie viele Boote haben Sie bisher gebaut?

Bassani: 40 Segelyachten und mehr als 100 Motorboote.

Eines der Motorboote sieht aus wie ein Stealth-Bomber und hat 17.000 PS. Haben Sie kein schlechtes Gewissen?

Bassani: Kein Transportmittel auf der Welt ist nachhaltiger als ein Segelboot. Sie können von hier, von Portofino, bis nach Alaska reisen und brauchen nur den Wind. Sonst nichts.

Ich spreche aber von Ihrem PS-Monster.

Bassani: Ich verstehe dieses Boot als Provokation. Der Markt will immer mehr stärkere Motoren, mehr Power, mehr Glamour, mehr Speed. Der Markt für Power-Boote wuchs gigantisch. Viel stärker als bei Segelbooten. Ich mag das nicht, sagte mir aber: Okay, wenn Ihr das wirklich wollt, dann geb ich euch die Wally Power. Also baute ich das wildeste aller Power-Boote. Dieses Schiff ist eine Provokation in Sachen Style, in Sachen Technologie, in Sachen Kultur. Wir brauchen solche Schiffe nicht. Wir können segeln.

Was muss ich denn für eine Wally hinblättern?

Bassani: Es fängt bei sechs Millionen Euro für die 24-Meter-Variante an, und nach oben gibt es keine Grenze.

Die Teuerste, die Sie je verkauft haben?

Bassani: Die wird gerade gebaut. Sie ist 50 Meter lang und kostet 36 Millionen Euro.

Was bedeutet Ihnen Segeln persönlich?

Bassani: Segeln war immer meine Passion. Segeln ist eine Schule des Lebens. Wenn man das Meer über mehrere Tage auf einem Segelboot erlebt, erfährt man, dass die Natur so schön wie gefährlich sein kann. Besonders das Regattasegeln lehrt einen viel über Organisation, die richtigen Menschen für seine Mannschaft auszuwählen etc. Es ist im Prinzip damit vergleichbar, ein Unternehmen zu führen.

Warum engagieren sich immer mehr Unternehmen im Segelsport, zum Beispiel Audi, BMW, Puma oder hier Nespresso?

Bassani: Der Sport wird auch für die Masse immer interessanter. Vor 20, 30 Jahren hatte die Masse keine Ahnung vom Segeln.

Warum hat sich das geändert?

Bassani: Das liegt an Events wie dem America's Cup, den Olympischen Spielen etc. beziehungsweise daran, dass die Medien begannen, darüber zu berichten. Und wenn du die Medien hast, kriegst du auch die Leute. Das ist eine Kettenreaktion.

Lassen Sie uns über Design sprechen. Was würden Sie sagen, wenn ich Sie den Jean Nouvel der 'naval architecture' nennen würde?

Bassani: Das klingt gut. Ich liebe Nouvels Arbeit. Ich denke, es gibt eine Strömung in Sachen Style, die in den letzten Jahren einem Pfad folgt. Und dieser führt in Richtung simpel, funktional, aber gleichzeitig auch elegant. Nouvel besuchte mich übrigens auf meinem Powerboot.

Sie sagten einmal, eine Wally sei keine schwimmende Villa, sondern eine Waffe, die es erlaubt, das Meer zu genießen. Das klingt aggressiv.

Bassani: Nun, es ist ein Statement, das ausdrücken soll, dass unsere Yachten anders sind als all die gigantischen, schwimmenden Luxusyachten, die einen, je größer und komfortabler sie sind, immer weiter vom Meer wegbringen. Das sind schwimmende Villen. Man darf den Kontakt zum Meer aber auf keinen Fall verlieren.

Was wurde aus dem WHY-Projekt, das Sie mit Hermès starteten - gigantische, schwimmende Inseln mit riesigen Solaranlagen, mit denen man um die halbe Welt fahren könnte.

Bassani: Das Projekt haben wir während der Wirtschaftskrise auf Eis gelegt. Aber sobald jemand eine bestellen sollte, werden wir sie auch bauen.

(Michael Hausenblas/Der Standard/rondo/17/06/2011)