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Stress und Druck kann bei Kindern zu Überforderung führen - von einem Burnout wollen Experten derzeit noch nicht sprechen. Ziel einer Therapie ist es zu lernen, sich selbst besser einzuschätzen.

APA/Gindl

Stress in der Schule, Meisterschaft im Sportverein, Auftritt mit dem Kinderchor - immer wieder hört und liest man, dass heute sogar schon Kinder an Burnout erkranken. Spezialisten gehen allerdings vorsichtiger mit Klassifizierungen um und sprechen eher von Überforderung.

Die Erklärung dafür: Eine Bedingung des Burnouts ist die Reflexion über die eigene Situation in einer sehr bestimmten Art und Weise, die bei Kindern jedoch noch nicht ausgereift ist. Leonhard Thun-Hohenstein, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Christian-Doppler-Klinik in Salzburg geht davon aus, dass diese noch nicht abgeschlossene Entwicklung des Gehirns vor der Entstehung eines Burnouts schützten könnte.

Überforderung und Überförderung

Im offiziellen Sprachgebrauch der Kinderpsychiatrie ist der Terminus Burnout noch nicht verankert. "Man sollte vorsichtig sein, Begriffe aus der Erwachsenenpsychologie eins zu eins auf Kinder umzulegen", sagt auch Werner Leixnering, Leiter der Kinder- Jugendpsychiatrie am Linzer Wagner-Jauregg-Spital. Auch er spricht von Überforderung - zum Teil auch von Überförderung. "Ich würde das bei Kindern unter zehn Jahren, also vor der Pubertät, als Anpassungsstörung bezeichnen."

Eltern sollen hellhörig sein

Symptome für eine mögliche Überforderung kann es viele geben - eigentlich die gesamte Palette der Kinderpsychiatrie. "Eltern kommen mit ihren Kindern zu uns, weil diese Verhaltensprobleme haben, unkonzentriert sind, sich in der Klasse nicht wohl fühlen, aggressiv reagieren, Essstörungen oder andere psychosomatische Symptome aufweisen oder einfach an Bauch- oder Kopfschmerzen leiden", so Leixnering. Auch Hektik, Zerfahrenheit, Erschöpfung oder sozialer Rückzug können Warnsignale sein. Leixnering rät Eltern jedenfalls dazu, hellhörig zu sein wenn Kinder über Schlafprobleme klagen, traurig wirken oder völlig unerwartet Wutanfälle haben. "Man sollte sich dann die Frage stellen: Was ist da los?"

Erwachsene tragen zu Überforderung bei

Ein "Burnout" bei Kindern wird nicht von den Betroffenen alleine erzeugt, sondern ist die Folge von Überforderungen durch die Umwelt - ganz ähnlich wie bei volljährigen Patienten. Dass Erwachsene in den meisten Fällen zur Situation beitragen, bestätigt Leixnering. "Das ist etwa dann der Fall, wenn Eltern, Pädagogen oder andere Bezugspersonen zu viel verlangen, das heißt, wenn sie nicht auf individuelle Rhythmen in der Leistung Rücksicht nehmen und zu wenig auf die Fähigkeiten der Kinder achten", so der Mediziner. Gerade Kinder die aus eigenem Antrieb heraus extrem ambitioniert sind können sich übernehmen, wenn diese Zielstrebigkeit von den Eltern unterstützt wird. "Sie sind verzweifelt, weil sie etwas trotz ihres Ehrgeizes nicht schaffen - und auch von den Eltern keine Motivation zum Loslassen kommt."

Bezugspersonen in Therapie miteinbeziehen

In so einem Fall rät Leixnering zur Psychotherapie. Damit soll vor allem jenen Kindern geholfen werden, die sich selbst zu viel zumuten beziehungsweise es allen recht machen wollen. "Wenn real überhöhte Anforderungen an das Kind gestellt werden, muss natürlich vor allem mit jenen Personen gearbeitet werden, die das Kind überbelasten", sagt er. Also zum Beispiel mit den Eltern oder Lehrern. In manchen Fällen macht es auch Sinn zu überprüfen, ob die Kinder einen ungeeigneten Schultyp besuchen oder durch bestimmte Freizeitaktivitäten überlastet sind.

Sich selbst besser einschätzen

Wie lange eine Therapie dauert, hängt unter anderem von der Häufigkeit der Sitzungen und von der Ausgangspersönlichkeit des Kindes ab. Medikamentöse Behandlungsmethoden sind bei Kindern nur sehr vorsichtig einzusetzen. Das Ziel der Psychotherapie: Das Kind soll künftig mit einem höheren Selbstwertgefühl durchs Leben gehen und lernen, sich besser selbst einzuschätzen: "Was kann ich wirklich bewältigen? Was kann ich besonders gut? - Kann ich mir das eingestehen, auch ohne dass ich dafür ständig gelobt werde?" (Maria Kapeller, derStandard.at)