Schlangenbisse aussaugen? Abgetrennte Körperteile auf Eis packen? Mythos der Lebensrettung  Teil 1 - enttarnt von Ersthelfer Frido Schrott

Mythos 1: Nur wenn eine Person erbricht, bringe ich sie in stabile Seitenlage

Was ist hängen geblieben vom Erste Hilfe-Kurs im Rahmen des Führerscheins? "Wenn jemand bewusstlos ist und erbricht, bringe ich ihn in stabile Seitenlage." Erbrechen und stabile Seitenlage - eine Assoziation, die nur bedingt zutrifft. Erste Hilfe muss viel früher ansetzen. Ersthelfer Frido Schrott: "Wir erkennen nicht, ob jemand, der bewusstlos ist, erbrechen wird. Deshalb müssen wir präventiv arbeiten. Die stabile Seitenlage wird immer dann angewendet, wenn eine Person atmet aber nicht reagiert, das heißt, ohne Bewusstsein ist.

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Wenn ein Bewusstloser nicht in die stabile Seitenlage gebracht wird, erstickt er mit 75-prozentiger Sicherheit. Das kann aus zweierlei Gründen geschehen: Seine Zunge rutscht zurück in den Rachen und blockiert die Luftröhre. Der Volksmund spricht von 'Zunge verschlucken'. Oder aber der Mageninhalt wandert horizontal in Richtung Kopf und verlegt die Atemwege. Falls die Person das überlebt, kann es in Folge einer Aspiration  zu  schweren Lungenentzündungen kommen."

Was ist zu tun?

Frido Schrott: "Wenn ich jemand am Boden liegend finde, spreche ich ihn an.

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Ich fordere anwesende Personen dazu auf, die Rettung, einen erste Hilfe-Kasten und einen Defibrillator zu holen.

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Wenn die Person nicht reagiert, überstrecke ich ihren Kopf nach hinten und kontrolliere die Atmung.

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Wenn der Betroffene atmet, bringe ich ihn in stabile Seitenlage: Ich strecke seinen Arm auf die Seite.

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Ich führe das Knie der Person zur Hand...

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... und drehe die Person zu mir. Keine Angst vor der Technik: Sie erleichtert die Abläufe. In Wirklichkeit ist es weniger wichtig, wie es getan wird, sondern dass es getan wird."

Apropos: "Kennt ihr die bösen Schaulustigen?", fragt Frido Schrott. "In Wirklichkeit sind sie nicht böse. Und auch nicht dumm. Sondern in einem Schreckzustand. Es gibt drei Möglichkeiten, wie sich dieser äußert: Erstarren, Flucht oder Hingehen. Auch bei Tieren sieht man diese Verhaltensweisen. Ich falle selbst - auch nach langen Jahren Praxis - angesichts eines Unfalls in einen Schreckzustand. Aber ich gehe zur Unfallstelle - auch wenn ich mich nicht mehr zu hundert Prozent an alles erinnern kann, was ich gelernt habe - und hoffe, das Beste zu tun. So ist das in der ersten Hilfe. Sie kommt immer überraschend. Kann ich in der ersten Hilfe was falsch machen? Das ist eine oft genannte Angst, aber wenn ich nach bestem Wissen und Gewissen handle, ist es sehr schwer, etwas falsch zu machen. Es kann nur besser werden. Also: Geht hin!"

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"Am Ende überstrecke ich den Kopf des Betroffenen weit nach hinten. Das ist extrem wichtig, da es die die Atemwege frei macht."

Einen Selbstversuch für Zuhause gibt Frido Schrott seinen SchülerInnen mit: "Setzt euch hin, legt den Kopf nach hinten und schaut an die Decke. Jetzt versucht zu schlucken. Es wird durch die Überstreckung des Kopfes nur sehr schwer möglich sein. Atmen ist dagegen kein Problem. Bewusstlose müssen nicht schlucken, sie müssen atmen." (Eva Tinsobin/Frido Schrott, derStandard.at)

Wenn jemand nicht mehr atmet, sind Herzdruckmassage und Mund zu Mund-Beatmung angesagt - mehr dazu in den nächsten Folgen.

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Information und Anmeldung für Erste Hilfe-Kurse über das Rote Kreuz:
Für Wien: http://www.roteskreuz.at/wien
Für Österreich: http://www.roteskreuz.at

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