Am Donnerstag, 30. Juni, holen wir unseren Begleitwagen von Autohaus Weintritt ab, am Freitag mein neues Fahrrad bei Ciclopia in Wien (Bild). Über Nacht habe ich alle Sachen gepackt für die 4.000 Kilometer lange Tour und mein anschließendes Jahr in St. Petersburg.

Schwierigkeiten auf der Russischen Botschaft in Wien: Weil wir das Auto so spät bekommen haben, hat Tiago - der Fahrer unseres Begleitfahrzeuges für die gesamte Tour - sein Visum für Russland nicht mehr in Portugal beantragen können. Das Auto muss in Visum des Fahrers vermerkt werden um es von Finnland über die Grenze nach Russland bringen zu können. Die Info der Botschaft: Ein EU Bürger kann, egal in welchem EU Land, ein Visum für Russland beantragen.

Foto: Ride for your Rights

Tiago kommt von Portugal nach Wien, wir bereiten Papiere vor, in denen wir die Situation erklären und vom Campus Europae-Generalsekretär unterschreiben lassen. Mit allen Papieren fürs Visum stellen wir uns drei Stunden lang bei der Botschaft an, um heraus zu finden, dass Tiago sein Visum nur in Portugal beantragen darf. Es sei denn, er ist hier gemeldet oder Austauschstudent. So viel zum EU Raum mit seinen "gleichen Rechten". Nun müssen wir schauen, wie wir Tiago mit unserem Begleitauto über die Finnisch-Russische Grenze bringen. Nach den letzten Vorbereitungen düsen wir zum Ausgangspunkt unserer Reise nach Novi Sad.

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Erfolgreicher Start der 4.000 Kilometer langen Ride for your Rights-Tour am 3. Juli in Novi Sad. Lokale Medien sind anwesend und berichten über unser Projekt. Begrüßungs- und Glückwunschreden vom Rektor der Universität, von Vertretern für Sport und Jugend der Stadtregierung und vom Vizepräsidenten von Campus Europae, der uns ein Stück am Rad begleitet hat. Mein Prof von Uni Wien ist zwei Tage mit uns geradelt und ebenfalls vor Ort. Die 15 Mit-Radlerinnen kommen aus Serbien, Österreich, Portugal, Bulgarien und Finland. Leider sind kurzfristig wieder ein paar abgesprungen. Derzeit sind wir mit sechs Österreichern, vier Serben, einem Bulgaren, einem Portugiesen und einem Finnen unterwegs.

Medienberichte online: www.youtube.com
www.rtv.rs

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Schöne Fahrt nach Backa Palanka. Interview für das Morgenfernsehen, Empfang im Rathaus mit Vertretern zuständig für Jugend und Kultur. Gesponserte Unterkunft in einer Turnhalle. Weiter geht's über die Grenze nach Vukovar. Erster Bildungsstop bei einem Mahnmal: einem zerbomten Wasserturm (Bild). Die Serben berichten aus ihrer Erfahrung über den Bürgerkrieg der frühen 1990er. Nächster Stopp ist in Osijek (Kroatien). Essen und Unterkunft sind von der Stadtregierung gesponsert. Lokale Partner zeigen uns die Stadt im Rahmen einer Radtour.

In Mohacs schlafen wir in einem ehemaligen Militärstützpunkt im Wald direkt an den Ufern der Donau. Wunderschöne Stimmung. Die Gruppe tauscht sich am Lagerfeuer unter Sternenhimmel über Kulturen und Sprachunterschiede aus. Wie romantisch... In Backa Palanka (Serbien) und Osijek  sind viele Radler unterwegs und die Stadtverwaltung scheint sich um Jugendbewegungen zu kümmern.

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Wir passieren Grenzen: Ungarn-Serbien, Serbien-Kroatien. Lange Wartezeiten. Der Bus wird durchsucht, seltsame Fragen werden gestellt - speziell über die Kameraausrüstung. Tiago muss mehrmals die Kroatisch-Serbische Grenze passieren und nicht angekommenes Gepäck abholen, Leute zurückführen etc. Die Grenzposten wissen irgendwann nicht mehr, wo sie das Auto registrieren sollten.

Anstrengend ist das Radeln in der Hitze. Unser Tagesablauf: Um sieben Uhr aufstehen. Abfahrt zwischen neun und elf. Zwischen fünf Uhr Nachmittags und Mitternacht Ankunft. An "freien Tagen" emailen, organisieren, Filmschnitt, bloggen. Meist bleibt für mich, Tiago und Andi keine Zeit, eine Stadt anzuschauen. Wenn dann noch offizielle Treffen oder Museumsbesuche anstehen, bleibt kaum noch Zeit zu relaxen. Doch die Gruppe ist so super und das Ganze macht so viel Spaß, dass man trotz wenig Schlaf gut von A nach B kommt. Die Leute sprechen schon jetzt davon, dass sie Ride for your Rights! nächstes Jahr gerne wiederholen würden.

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Camping in Pecs. Unser erster Rasttag. Die Stadttour wird von einem Serben organisiert, der in Budapest studiert. Es sprechen übrigens viele Serben in unserem Team auch Ungarisch, da sie zweisprachig in Vojvodina aufgewachsen sind. Mit Velosophie (ein lokaler Radshop & Community) Kontakt aufgenommen. Wir haben sie zufällig gefunden und den ganzen Nachmittag bei ihnen verbracht. Sie haben uns weitere Kontakte für Budapest gegeben. Schöner Innenhof, Radreparatur, Community Area mit Café, gekühlten Getränken und Internet.

Szekszard. Mittlerweile ist es so heiß tagsüber, dass wir nur ca. zwei Stunden am Vormittag fahren, dann eine lange Mittagspause machen und so gegen 5 oder 6 pm weiterfahren bis in die Nacht hinein. Im Dunklen in der Gruppe fahren ist neu für viele. In Paks haben wir unterwegs ein 4 Stern Hotel entdeckt und gratis Eintritt in die Therme für alle bekommen. Eine super Mittagspause mit einem erfrischendem Schwimmbad.

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Wir arbeiten an der Organisation mit Partnern aus anderen Ländern. Es gibt viele Missverständnisse, und wenn wir unterwegs sind und nicht 24/7 vor dem Computer sitzen, ist die Kommunikation nicht so einfach. Es wird Zeit für einen europäischen Einheitstarif bei Telefonanbietern. Die Roaminggebühren machen mich pleite. Von Serbien über die Grenze nach Ungarn zu telefonieren, kostet fast so viel wie von Serbien nach Mexiko.

In Dunaujvaros schlafen wie in der Turnhalle der lokalen Schule. Von 4 pm bis 1 am radeln wir nach Budapest, um dort einen Rasttag einzulegen. Unterkunft und Essen (Bild: Nina aus Wien mit frisch gehobeltem Kraut) bekommen wir immer wieder über lokale Sponsoren, Projektgelder gibt es keine. 

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Budapest- Esztergom. Drei weitere Österreicher treten der Gruppe bei, eine Serbin verlässt uns. Drei Serben hatten Probleme mit ihrem Rad in Wien und keine gute Zugverbindung. Sie können deshalb nicht nach Budapest kommen. Wahrscheinlich werden sie in Györ einsteigen. Zum vereinbarten Treffen mit lokalen Medien ist niemand erschienen. Der Bürgermeister hat das Treffen kurzfristig abgesagt.

Zum Radeln selbst: Im Schnitt fahren wir 85 Kilometer am Tag. Im Vorfeld hätten alle Strecken von zahlreichen lokalen Partnern abgefahren werden sollen. Das hat nicht immer funktioniert. So haben wir oft falsche Infos und fahren 30 bis 40 Kilometer mehr als gedacht. Was den meisten Teilnehmer aber nichts ausmacht. Auf Ungarischen Landstraßen darf man oft nicht mit dem Rad fahren, was macht es uns nicht gerade leicht macht.

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Unfall: Der erste in Gruppe ist unerwartet stehen geblieben. Die anderen fahren auf. Zum Glück kommen wir mit Schürfwunden und einem Reifenplatzer davon. Wir haben im Begleitwagen zwei extra Räder, die uns zwei Schweden in Novi Sad überreicht haben. Die beiden sind von Schweden nach Novi Sad geradelt und haben bei der Eröffnungsfeier die Räder an Ride for your Rights gesponsert.

In Esztergom-Komarom sperrt uns der Vizebürgermeister die Turnhalle auf und lässt uns gratis übernachten. Der Bürgermeister hat allerdings den Empfang kurzfristig abgesagt... Es macht Schwierigkeiten, an die Politiker heran zu kommen. Zuerst heißt es, sie nehmen sich Zeit. Dann kommen die Absagen. Zeigt das einmal mehr das Desinteresse an der Jugend und ihren Anliegen?

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Unfall: Der erste in Gruppe ist unerwartet stehen geblieben. Die anderen fahren auf. Zum Glück kommen wir mit Schürfwunden und einem Reifenplatzer davon. Wir haben im Begleitwagen zwei extra Räder, die uns zwei Schweden in Novi Sad überreicht haben. Die beiden sind von Schweden nach Novi Sad geradelt und haben bei der Eröffnungsfeier die Räder an Ride for your Rights gesponsert.

Wir werden immer freundlich empfangen und akzeptiert. Die meisten Einheimischen sind sehr erfreut, eine Gruppe internationaler Studis zu sehen, die sich für eine Sache und für ihre Rechte einsetzen und mit dem Rad quer über den Kontinent fahren.

Komarno ist die Slowakische Seite von Komarom. Public Wifi auf öffentlichen Plätzen. Selbst unerfahrene Teilnehmer und Leute, die sonst keinen Sport betreiben, halten tapfer durch. Die Teilnehmer aus Serbien wollten ursprünglich nur bis Osijek fahren, begleiten uns aber jetzt bis Wien, weil sie es so toll finden.

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Wir versuchen die besten Momente mit der Kamera einzufangen. Andreas fährt als Kameramann auf dem Rad mit der Gruppe mit. Nicht zu inszenieren und trotzdem schöne Bilder zu bekommen, ist fast unmöglich. So sprintet Andreas immer vor und filmt uns beim Vorbeiziehen, oder er hetzt hinterher. Extreme Hitze und sprachliche Barrieren. Ohne die TeilnehmerInnen aus Serbien wären wir fast aufgeschmissen. Mit Englisch kommt man schlecht durch, speziell wenn wir z.B. mit Schulen kooperieren oder in kleinen Geschäften einkaufen gehen.

Wir arbeiten an der Organisation mit Partnern aus anderen Ländern. Es gibt viele Missverständnisse, und wenn wir unterwegs sind und nicht 24/7 vor dem Computer sitzen, ist die Kommunikation nicht so einfach. Es wird Zeit für einen europäischen Einheitstarif bei Telefonanbietern. Die Roaminggebühren machen mich pleite. Von Serbien über die Grenze nach Ungarn zu telefonieren, kostet fast so viel wie von Serbien nach Mexiko.

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Seltsam. Im EU Raum zu sein und in Ungarn mit Forint zu zahlen. Nicht mehr gewohnt, so hohe Währungen zu verwenden. 259 Forint entsprechen einem Euro.

Haben die Europarat Patronage fürs Projekt bekommen. Der Europa-Parlamentspräsident unterstützt das Projekt durch seine Unterschrift auf unserem Ehrenfahrrad. Ebenfalls unterschrieben hat der österreichische Wissenschaftsminister, Olympia Goldmedaillengewinner, Sportler, das Guinness World Book of Records sowie bekannte Friedensaktivisten - wie Hildegard Goss-Mayr - setzen sich für unser Projekt ein. Und trotzdem haben wir keine finanziellen Unterstützer gefunden. Ausschließlich Campus Europae hat dem Student Council ein Budget gegeben. Das Autohaus Weintritt sponserte unser Begleitfahrzeug, einen Ford Transit, und Ciclopia gab mir einen Rabatt auf Rad und Ausrüstung.

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Der Begleitwagen ist bereits randvoll mit Gepäck, dabei erwarten wir noch weitere Teilnehmer, spätestens in Bratislava.

Es ist gar nicht so einfach, in der Früh mit einer großen Gruppe rechtzeitig loszuradeln. Teilweise kommen wir von der Strecke ab und landen auf Waldwanderwegen. Abenteuerlich!

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Wir haben eine Deutsche aufgegabelt, die seit zwei Jahren die Welt am Rad bereist. Sie fährt ein Stück mit uns, ebenso ein französisches Paar, das seit sechs Monaten mit dem Fahrrad unterwegs ist. Von Anfang an herrscht Harmonie in der bunt gemischten Gruppe. Anfangs war auch der Vizepräsident und der Rektor der Technischen Universität Lodz dabei. Derzeit begleiten uns "Studis" ein Professor aus Wien, ein 30-jähriger serbischer Akademiker und ein "Manager" bei Hofer. (red,derStandard.at, 24.07.2011)

Im Bild: Das Schloss von Osijek.

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