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Frauen in technischen und naturwissenschaftlichen Jobs verdienen immer noch 12 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Die Gründe dafür geben ForscherInnen Rätsel auf.

Foto: Reuters/MICHAEL DALDER

"Dann müssen die Frauen eben einen gescheiten Beruf erlernen!" Diesen Vorwurf ernten Frauen heute vielfach, wenn sie die anhaltenden Gehaltsunterschiede in der Arbeitswelt thematisieren. Es leuchte doch jedem ein, dass Frisösen weniger verdienen als Automechaniker, genauso wie Altenpflegerinnen weniger als Marketing-Angestellte, tönt es meist weiter aus dem Hausverstands-Großmaul.

Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass es bei dieser Argumentation gewaltig hapert. Denn einmal abgesehen davon, dass es für sie meist keine Argumente außer solche, die auf gesellschaftliche Hierarchien verweisen, gibt, hat eine Studie des US-amerikanischen Handelsministeriums nun herausgefunden, dass Frauen selbst in gefragten, sprich technischen und naturwissenschaftlichen Fächern, signifikant weniger verdienen als Männer.

Weniger als die Kollegen, aber mehr als andere Frauen

Die sogenannten STEMs, ein Akronym für Berufe in Wissenschaft, Technologie, Ingenieurswesen und Mathematik, stehen in der Erwartung, ein gutes Einkommen zu sichern. Und tatsächlich verdienen Beschäftigte in diesen Bereichen quer durch die Bank mehr als in anderen Branchen. Nur der Gehaltsunterschied zwischen Männern und Frauen bleibt dennoch erhalten. Auch wenn er kleiner ist.

In der Studie, die auf Daten des US-Zensusbüros aus dem Jahr 2009 zurückgehen, wurden STEMs als Positionen im professionellen und technischen Support in Computerwissenschaften, Mathematik, Ingenieurs-, Bio- und Naturwissenschaften definiert. Sozialwissenschaften ebenso wie Lehrberufe wurden nicht inkludiert.

Frauen unterrepräsentiert

Die erstmalige Studie hat zwei zentrale Ergebnisse gebracht, wovon eines keine große Überraschung ist: Frauen in den STEM-Bereichen sind bis heute unterrepräsentiert. Sie stellen 24 Prozent der Jobs, während sie am gesamten US-Arbeitsmarkt fast die Hälfte (48 Prozent) ausmachen. Angesichts des Anstiegs von höher ausgebildeten Frauen lässt sich dieser seit Jahren feststellbare Stillstand nicht anders als deprimierend bezeichnen.

Das zweite Ergebnis besagt, dass der durchschnittliche Gehaltsunterschied zwischen den Geschlechtern in den STEMs  bei 12 Prozent liegt. Die StudienautorInnen verglichen dafür den Stundenlohn von Ganzjahres-Angestellten im Vollzeitmodell. Die geringste Gehaltslücke zeigte sich ausgerechnet in jenem Bereich, in denen Frauen besonders unterrepräsentiert sind: Im Ingenieurswesen betrug der Gehaltsunterschied "lediglich" sieben Prozent.

Rätsel nicht aufgelöst

Dennoch muss darauf hingewiesen werden, dass dieser mit 12 Prozent bei STEM-beschäftigten Frauen noch vergleichsweise gering ist, im Gegensatz zu den herkömmlichen Branchen, wo Frauen durchschnittlich 21 Prozent weniger als ihre Kollegen verdienen. Der Rat an junge Frauen, sich im Bereich der Technik- und Naturwissenschaften auszubilden, hat also in Bezug auf Höhe und Gerechtigkeit des Einkommens weiterhin seine Gültigkeit. Warum es aber selbst in gefragten Branchen zu einem Gehaltsunterschied zwischen den Geschlechtern kommt, gibt weiterhin Rätsel auf.

Rebecca Blank aus dem US-Handelsministerium erklärt: "Gehaltsunterschiede sind eine der großen ungeklärten Forschungsfragen in der Ökonomie. Warum scheinen sie immer noch auf, auch wenn alle anderen Produktivitätsfaktoren berücksichtigt werden?" Die Ökonomin hat den Verdacht, dass Frauen einfach nicht die gleiche Anzahl an Beförderungen und Gehaltserhöhungen wie Männer erhalten. Und das ist einfach nur eine höfliche Umschreibung für Benachteiligung und Minderbewertung von Frauen in der Arbeitswelt. (red, dieStandard.at, 14.8.2011)