Über zwei "bedeutende Fortschritte" im Bereich Quantencomputer berichtet die neue Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Science". Während es US- und japanische Wissenschafter geschafft haben, die Quantenversionen jener Komponenten herzustellen, die das Herz jedes herkömmlichen Computers bilden, nämlich Prozessor und Speicher, ist es Physikern der Uni Innsbruck und des Instituts für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) gelungen, einen digitalen und damit universell einsetzbaren Quantensimulator zu realisieren. Damit kann im Prinzip jedes beliebige physikalische System effizient simuliert werden.

Ja/Nein oder 0/1

Üblicherweise ist das Bit die kleinste Informationseinheit in der Informationstechnologie. Es kann zwei Zustände - etwa Ja/Nein oder 0/1 - einnehmen. Beim Quantencomputer sollen dagegen Quantenzustände als kleinste Einheit - genannt Quantenbit (Qubit) - dienen. Weil dabei die Gesetze der Quantenwelt gelten, kann ein solcher Quantenzustand den Schwebezustand zwischen zwei Möglichkeiten einnehmen, also nicht nur 0 oder 1, sondern auch alle Werte dazwischen. Mit mehreren Qubits könnte man deshalb bestimmte Probleme wesentlich schneller lösen als in einem klassischen Computer. Als eine der wichtigsten Anwendungen für einen künftigen Quantencomputer gilt die Simulation physikalischer Phänomene, vor allem solcher, an denen herkömmliche Computer mangels Rechenleistung scheitern.

Nahe Lichtgeschwindigkeit

Und genau dabei sind die Innsbrucker Physiker nun einen entscheidenden Schritt weitergekommen: Sie hatten bereits vor zwei Jahren die Eigenschaften eines sich nahe an der Lichtgeschwindigkeit bewegenden Teilchens in einem Quantensystem nachgebildet. Sie konnten damit erstmals die Zitterbewegung eines so schnellen Teilchens simuliert, die in der Natur noch nie direkt beobachtet wurde.

Dieses Experiment folgte noch einem analogen Ansatz: der Quantensimulator gehorchte exakt den gleichen physikalischen Gesetzmäßigkeiten wie das zu simulierende System. Nun gingen die Wissenschafter einen Schritt weiter und folgten einem digitalen Ansatz, "indem wir den Zustand des Quantensimulators durch eine Abfolge diskreter Operationen so veränderten, dass am Ende dieser Operation der Simulator in den gleichen Zustand überführt wird, wie das zu simulierende System", erklärte Christian Roos im Gespräch mit der APA. Er hat gemeinsam mit Benjamin Lanyon und IQOQI-Chef Rainer Blatt die Arbeit durchgeführt.

Simulator

Im Innsbrucker Experiment dienen in einer Vakuumkammer gefangene und mit Lasern stark abgekühlte Kalziumionen als Träger von Qubits. In diese werden mit Laserpulsen die gewünschten Anfangszustände des zu untersuchenden Systems eingeschrieben und die einzelnen Rechenschritte dann ebenfalls mit Hilfe von Laserpulsen, die die Ionen beeinflussen, durchgeführt. Die Physiker haben das bisher an bis zu sechs Quantenbits mit bis zu 100 Rechenoperationen durchgespielt. "Wir haben damit gezeigt, dass sich potenziell jedes beliebige physikalische System effizient simulieren lässt", so Lanyon. Der Simulator muss nur für das zu studierende Phänomen entsprechend programmiert werden.

Eine "rudimentäre Art von Programmiersprache"

Für diese Programmierung verwenden die Physiker eine "rudimentäre Art von Programmiersprache", so Roos. Diese besteht aus abstrakten Anweisungen, die dann vom Steuerungscomputer in einer Abfolge von Laserpulsen übersetzt wird, welche den Zustand der Ionen verändern.

Für Simulationen komplexer Systeme sind allerdings noch wesentlich mehr Qubits notwendig. "Wir müssen deutlich mehr Ionen - bis zu 40 - so exakt kontrollieren und ansteuern wie die sechs im derzeitigen Experiment", so Lanyon. (APA)