Bremen - Einigen Befürchtungen zum Trotz wird die Erderwärmung vermutlich doch nicht zu einem dauerhaften El Niño-Zustand im südpazifischen Ozean führen. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest ein internationales Forscherteam, nachdem es 50 Millionen Jahre alte Muschenschalen und Holz aus der Antarktis untersucht hat. In den Wachstumsringen dieser Fossilien finden sich Hinweise darauf, dass es auch in der letzten langen Warmphase der Erdgeschichte, dem Eozän-Optimum, einen Klimarhythmus über dem Südpazifik gab, der dem heutigen El Niño-La Niña-Wechselspiel (zusammengefasst als "El Niño Southern Oscillation"/ENSO) ähnelte.

Rückschau ...

Um Prognosen für die zukünftige Entwicklung von ENSO zu ermöglichen, schauen Wissenschafter in die Vergangenheit - vor allem in das Eozän vor 60 bis 37 Millionen Jahren. "Das Eozän gilt als die letzte richtig große Warmzeit. Die Antarktis war damals eisfrei und grün. Es wuchsen sogar Bäume und von der Wassertemperatur des Meeres wissen wir, dass sie über das Jahr zwischen zehn und 16 Grad Celsius schwankte", sagt Thomas Brey, Biologe am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft.

Ihm und Kollegen aus den USA und Deutschland ist es nun zum ersten Mal gelungen, in den Wachstumsmustern von Muschelschalen und Holz aus dem frühen Eozän einen Rhythmus nach dem Muster des ENSO-Phänomen nachzuweisen. Ihre Ergebnisse erscheinen in Kürze in der Fachzeitschrift "Geophysical Research Letters" und sind schon jetzt unter dem Titel "El Niño in the Eocene greenhouse recorded by fossil bivalves and wood from Antarctica" auf deren Onlineseite abrufbar.

... und Prognose

Ob Muscheln wachsen, hängt vom Futteraufkommen und der Wärme ab. "Das bedeutet, der damalige Wechsel von 'guten' und 'schlechten' Umweltbedingungen spiegelt sich noch heute in der Breite der Wachstumsringe wieder. Und wie wir zeigen konnten, erfolgte dieser Wechsel im gleichen Drei-bis-sechs-Jahres-Rhythmus, wie wir ihn vom heutigen ENSO kennen", sagt Brey. "Unsere Ergebnisse sind ein starkes Indiz dafür, dass es auch im warmen Eozän ein ENSO-Phänomen gab, das zwischen warmen und kalten Phasen schwankte."

Sollten die Wissenschafter Recht behalten, bedeutet diese Erkenntnis für die Zukunft, dass der weltweite Temperaturanstieg den ENSO-Klimarhythmus über dem südpazifischen Ozean nicht aus dem Takt bringen dürfte. Denn niemand wünscht sich El Niño als Dauer-Phänomen: Die Pazifik-Erwärmung löst Überschwemmungen in Peru ebenso aus wie Dürren in Australien, Missernten und Planktonsterben, das der ozeanischen Nahrungskette die Grundlage entzieht und letztlich auch zu stark beeinträchtigten Fischfangquoten führt. (red)