Hausjell im Ö1 Morgenjournal: Ein neues System für Regierungsinserate sei "auf alle Fälle notwendig", ein Beirat könne "eine Basis sein, um Vertrauen zu schaffen"

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Wie berichtet plant die Bundesregierung einen Beirat, der künftig Inserate von Regierungsmitgliedern überprüfen soll. Kommunikationswissenschaftler Fritz Hausjell steht der Idee prinzipiell positiv gegenüber, sagt er gegenüber dem Ö1-Morgenjournal am Mittwoch. Ein neues System für Regierungsinserate sei "auf alle Fälle notwendig", ein Beirat könne "eine Basis sein, um Vertrauen zu schaffen".

Die Wirkung bezahlter Anzeigen sei begrenzt, so Hausjell. Aufgeklärte Bürger würden einigermaßen unterscheiden können, was Werbung und was Journalismus ist. Generell sieht er Regierungsinserate aber grundsätzlich zweckmäßig, Informationskampagnen würden gemacht werden, um die Bevölkerung möglichst rasch zu informieren.

Ein Beirat oder eine Kommission soll für Objektivierung sorgen. Überprüft werden soll, ob bei der Inseratenerstellung und -vergabe "ordentlich und möglichst objektiv" vorgegangen wird, sagte Faymann am Dienstag. Laut Hausjell bedeute "Objektivität" hier, dass die Inserate angemessen seien, um mit einer Botschaft eine bestimmte Zielgruppe oder auch eine möglichst große Bevölkerungsgruppe zu erreichen. Es gehe hier nicht um die Frage, dass alle Zeitungen gleich viel bekommen, so Hausjell gegenüber Ö1, das sei eine Angelegenheit für die Presseförderung. Hausjell: Regierungsinserate dürften nicht als eine Form der Presseförderung verstanden werden.

Transparenz für alle Inserate 

"Wünsche an die Redaktionen sind schamloser geworden", hört Hausjell: "Sie sind keineswegs auf Teile der bösen Politik beschränkt, ein Teil der guten Wirtschaft tut es auch." Bei einer Debatte des Vereins IT Law in Wien, die Eric Frey (DER STANDARD) moderierte, erwog Hausjell mit Blick auf das Transparenzgesetz für Inserate öffentlicher Stellen: "Ist es nicht genauso nötig, eine Transparenzdatenbank für alle Inserenten zu machen? Verstärkt wollen Inserenten mitbestimmen, was den redaktionellen Inhalt der Medien ausmacht."

Soweit Teile der Mitschrift von dem Event, Hausjell liefert nun noch Passagen seines Redetextes zu, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen: "Wir erleben gerade jetzt in der Debatte um die Legitimation von Inseraten aus Politik und öffentlichem Sektor die vielleicht ersten Aufbrüche eines zunehmenden Unbehagens an der entwickelten Medienkultur." Diese Medienkultur beschrieb er so: "Medien wurden geschmeidiger, geben sich werbeaffiner", um den Werbeeinbrüchen infolge der ökonomischen Krisen seit 2000 (zunächst Dot-Com und dann Banken) gegenzusteuern.)

Hausjell weiter: "Aber wäre es nicht genauso nötig, die Inserate-Transparenzdatenbank für alle Inserenten zu machen, wenn man psychohygienisch dem Journalismus und der Abschwächung von Außeneinflüssen dienen möchte? Die "Wünsche" an die Redaktionen sind schamloser geworden, berichten Betroffene off the records, und sind keineswegs auf Teile der "bösen" Politik beschränkt - ein Teil der "guten" Wirtschaft tut es auch. Und das wissen wir schon seit Jahren durch anonyme Befragungen österreichischer Journalistinnen und Journalisten. Ich verweise exemplarisch nur auf die Studie von Stefan Weber mit dem Titel "Was steuert Journalismus?" aus dem Jahr 2000." (red)