So stellte sich das Spiel in Baku von Beginn weg dar. Die österreichische Mannschaft verdichtete den Raum im Zentrum, um das Spiel zu kontrollieren. Neben dem Kurzpassspiel in der dortigen Zone fehlte aber ein Überraschungsmoment über die Seiten. Deshalb blieben viele Angriffe eher am Sechzehner stecken.

Grafik: derstandard.at/ballverliebt.eu

Nach dem baldigen Ausschluss von Yunisoglu waren für die Österreicher alle Optionen offen. Aserbaidschan wurde nur in seltenen Fällen noch gefährlich - vor allem wenn der Ball bei Unachtsamkeiten im österreichischen Spielaufbau verloren ging.

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Österreich hat die mächtigen Aseris in die Schranken gewiesen und den vierten Platz in der EM-Qualifikation gesichert. Mit einem 4:1-Sieg in Baku gelang es schlussendlich souverän, den Worst Case der Europameisterschafts-Qualifikation abzuwenden.

Willi Ruttensteiner schickte sein Team in einem 4-4-1-1 auf das Feld. Der breiten Verteidigungslinie folgte ein enges Mittelfeld in dem auch die beiden zentralen Spieler mit aufrückten. Ivanschitz und Alaba waren immer wieder sehr weit innen zu finden. Dazu ließ sich Arnautovic oftmals weit fallen und bot sich im Spielaufbau an. Janko spielte einmal mehr die Anspielstation ganz vorne.

Die Idee dieser Verdichtung war offensichtlich einerseits über ein Kurzpassspiel aus der Mitte zum Erfolg zu kommen, andererseits dem nominellen Überangebot der Aseris in der Zone etwas entgegen zu setzen. Die traten mit einem herkömmlichen 4-2-3-1 ohne besonderes Features auf. Gegenüber dem Hinspiel veränderte Berti Vogts seine Mannschaft an zahlreichen Positionen - dass der wichtige Assistgeber Shukurov fehlte, war keine freie Entscheidung des deutschen Trainers, sondern eine Folge einer Gelbsperre. Wenn die Gastgeber angriffen, dann über die Spieler an den Außenbahnen. Stürmer Aliyev wurde viel Einzelarbeit zugemutet - Dragovic und Prödl ließen dabei wenig zu.

Österreich gelang durch das Zentrum - trotz sichtbarer Unbehaglichkeit einiger Akteure auf dem Kunstrasen - schon bald der ein oder anderen Angriff bis zum Strafraum, kam dort aber dann nicht hinein. Ein deutlich verzogener Schuss von Arnautovic und ein misslungener letzter Pass von Scharner war die Ausbeute der ersten Viertelstunde. Erst dann gab es die erste Flanke von der Seite, wobei Alaba sie mit seinem rechten Fuß nicht präzise genug schlagen konnte. Vor allem die Außenverteidiger nutzten den freien Raum an den Linien nicht. Das häufigere Aufrücken der Außenverteidiger hätte einen Überraschungsmoment ins Spiel bringen können. Vorerst ließ man aber Vorsicht walten, um nicht in Konter zu laufen und bohrte mit Schüssen von Ivanschitz (der zum Eckball mit Scharners Lattenköpfler führte) die Mitte an.

Eine entscheidende Rolle im Angriffsmuster der Österreicher übernahm dabei wie angedeutet Arnautovic, obwohl er nicht seinen besten Tag erwischte. Wenn die Innenverteidigung das Spiel eröffnete, bot er sich auf Höhe des defensiven Mittelfelds an. Dragovic und Prödl hatten vor sich damit oft fünf Optionen (die Außenverteidiger, Scharner, Baumgartlinger und eben Arnautovic). Der tief stehenden Mannschaft aus Aserbaidschan gelang es nicht, die alle zuzudecken. Sobald der Ball in diesen Fällen eine der Stationen erreicht hatte, bewegten sich ein oder zwei der drei zentralen Spieler mit Tempo nach vorne.

Wenig Gegenwehr

Nur in den ersten Minuten machte die Aggressivität der Aseris dem Gast-Team zu schaffen. Sie konnten das Forechecking aber nicht aufrecht erhalten und zogen sich nach 15 bis 20 Minuten weiter zurück. Dann begannen die Österreicher mehr Druck aufzubauen, attackierten oft schon auf Höhe des aserischen Strafraums. Normalerweise drosch Keeper Agayev den Ball deshalb auch hoch nach vorne. Ein geordneter Spielaufbau fand kaum statt. In den wenigen Aktionen, wo Aserbaidschan sich doch befreien konnte (meist wegen Passfehler der Österreicher), hatte man immer noch schnelle Konter zu bieten. Am prominentesten natürlich in der 27. Minute als Fuchs klärte, Arnautovic auf Janko weiterleitete und der Niederlande-Legionär nur noch mit einem Torraub-Foul gestoppt werden konnte. Die folgende Rote Karte für Innenverteidiger Yunisoglu war entscheidend für das Spiel.

Vogts stellte mit dem am Feld befindlichen Personal auf ein 4-4-1 um, Huseynov musste aus dem Mittelfeld in die Verteidigung zurück. Für die Österreicher bedeutete die Überzahl, dass man nun auch mit den Außenverteidigern mehr Risiko eingehen konnte. Unmittelbar nach dem Wiederbeginn des Spiels, verzeichnete Fuchs dann auch seinen ersten Flankenversuch, bei dem Agayev gleich eine Schwäche zeigte. Das Ivanschitz-Tor in der 34. Minute entstand aber dennoch aus der Mitte - pikanterweise nachdem Alaba mit Ivanschitz für kurze Zeit die Seiten wechselten. Sofort fand der Bayern-Jungstar eine Verbindung mit Arnautovic, spielte nach einem schnellen Doppelpass Janko frei (Huseynov war herausgerückt) und setzte mit einer Vorlage an Ivanschitz nach, als der Stürmer doch noch gestoppt werden konnte. Ein schön erspieltes Tor der Österreicher gegen eine überforderte Hintermannschaft. 

Die Österreicher spielten so weiter, hatten aber den Mut der Verzweiflung der Aseris nicht bedacht, die nun wieder etwas mehr Risiko nahmen. Immer wieder versuchten sie sich mit schnell ausgeführten, einfachen Kontern gegen die aufgerückte Verteidigung in Szene zu setzen. In der 38. Minute klärte Grünwald vor Aliyew. Minuten später wurde den Österreichern einer der etwas zu häufigen Ballverluste im Mittelfeld zum Verhängnis, aber Ismayilov setzte einen Kopfball nach hervorragender Flanke über das Tor. Bei einer ähnlichen Aktion eine Minute vor der Pause wurde der Winkel für den rechten Mittelfeldspieler zu spitz um einzuschießen. Vom viel früheren Attackieren Aserbaidschans ließ sich das ÖFB-Team beeindrucken, brachte die Führung aber in die Pause.

Vogts wechselte zur Pause. Mittelfeldspieler Rashad A. Sadygov machte Amirguliyev Platz. Zu Beginn der zweiten Hälfte gelang es seiner Mannschaft noch einmal, eine nervöse Stimmung am Feld zu erzeugen, ohne dabei wirklich gefährlich zu werden. Die Österreicher hielten ihrerseits mit viel Laufarbeit dagegen, störten früh im Spielaufbau der Gastgeber und erzwangen so das 2:0 nach 51 Minuten. Der erst geduldig aufgebaute Angriff wurde zwar beim letzten Pass von Arnautovic abgefangen, er und Alaba eroberten den Ball aber umgehend wieder zurück und erwischten die Aseris damit in einer ungeordneten Situation. Ivanschitz bekam an der Strafraumgrenze das Leder, bewahrte die Übersicht und legte herrlich für Janko auf, der cool blieb. 

Das war die Vorentscheidung. Vogts brachte zwar noch Nadirov für Javadov, was eher dem Motto "frische Kräfte" als einer taktischen Änderung entsprach. Dem österreichischen Spiel standen seit dem Ausschluss alle Optionen offen. Immer wieder fanden sich an freie Räume, die auch risikolos besetzt werden konnten. Nur technische Fehler auf dem Kunstrasen erschwerten immer wieder die Aufgabe. Als Kritik kann man anbringen, dass dem massiven Ballbesitzanteilen nur recht wenige Chancen gegenüberstanden. Auch das 3:0 war eher eine Überforderung des aserischen Abwehrspiels, nachdem ein fouler Einwurf zu einem schnellen Richtungswechsel geführt hatte und Janko für seinen Gegenspieler einfach zu flott war.

Ab hier galt es eigentlich nur noch die Konzentration zu behalten und sich nicht zu verletzen. Ruttensteiner brachte Junuzovic, Royer und Kurzdebütant Hosiner für Arnautovic, Ivanschitz und Janko. Damit änderte er in den letzten 25 Minuten noch die Formation auf ein 4-2-3-1, was in dieser Phase aber keine größere Aussagekraft mehr hatte.

Dass die Aseris bei einem Konter etwas zu viel Platz hatten und mit einem glücklichen Distanzschuss noch zum Anschlusstreffer kamen, war nur noch von statistischem Wert. Zwar versuchten sie sich noch einmal aufzubäumen, mit zehn Mann fehlte aber die Klasse. Österreich dominierte auch das restliche Spiel. Royer und Scharner brachten den Ball nach Flanken nicht unter, Alaba schoss von der sichtlich besser passenden linken Seite an die Latte und bekam die Gelbe Karte für ein fälschlich wegen Abseits aberkannten Tores, Junuzovic scheiterte aus der Distanz einmal am Keeper, ehe er sich in der 91. Minute nach einem Zusammenspiel mit Royer in die Torschützenliste eintragen durfte.

Wenns lauft, dann laufts

Der Auftritt in der Ferne konnte sich alles in allem durchaus sehen lassen. Die Mannschaft wurde auf Gegner und Kunstrasenplatz gut vorbereitet und spielte mit einem klaren Konzept. Frühe Balleroberungen, schnelles Umschalten und ein beständiges Probieren über mittiges Kurzpassspiel führten zum Erfolg. Davon, dass jetzt alles wieder gut ist, ist das Team natürlich noch weit entfernt. Dafür war der Gegner auch nicht der richtige Maßstab und der Spielverlauf auch zu optimal. Denn natürlich hat der Ausschluss das Spiel für die ÖFB-Elf erleichtert - auch wenn sie schon vorher die spielbestimmende Mannschaft war. 

So drängen sich die Fragen nicht auf, ob es richtig war Alaba im 4-4-1-1 rechts doch sichtbar zu limitieren? Man hätte sich auch ein 4-2-3-1 mit Arnautovic rechts, Alaba links und Ivanschitz in der Mitte gut vorstellen können. Auch wäre natürlich zu diskutieren, ob man Royer wirklich für einen Kurzeinsatz bei einem längst entschiedenen Spiel von der U21 abziehen hätte müssen, oder warum das Flankenspiel über weite Strecken nur spärlich funktioniert hat. All das sind natürlich Baustellen, die insbesondere Neo-Teamchef Marcel Koller nicht übersehen darf.

Der erste Bewerbsspiel-Auswärtssieg seit über sechs Jahren auf ungewohntem Terrain, bei einem Team das zuhause sonst nur gegen Deutschland unterlegen ist, ist der Ruttensteiner-Statistik aber nicht mehr zu nehmen. Abgesehen von einigen Zitterminuten vor der Pause wurde er souverän erspielt. (tsc, derStandard.at, 8.10.2011)