Franz "Bimbo" Binder - Ein Leben für den Fußball, von Franz Binder jun.,  Residenz Verlag - 306 Seiten, 29,90 Euro.

Foto: Residenz Verlag

„Bimbo" zeigt seinen lupenreiner Hattrick.

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Binder in seiner typischen Schusshaltung. Wieder hat es beim Gegner eingeschlagen.

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Bimbo" Binder mit Ernst Happel den er als Trainer für ADO Den Haag empfohlen hatte. In Holland begann Happels große Karriere als Trainer.

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Am 18. Juni 1939 wurde die Admira im Finale der "großdeutschen" Meisterschaft von Schalke 04 9:0 paniert. Nur zwei Jahre später traf Schalke im Sommer 1941 am gleichen Ort im Finale auf Rapid, lag nach 61 Minuten 3:0 in Führung und die Zuschauer forderten voll Häme ein neues 9:0. Daraufhin erwachte der Rapidgeist. Und es erwachte vor allem Rapids Bomber Franz Binder. Der Hütteldorfer Stürmer machte Schalke in Halbzeit zwei mit einem lupenreinen Hattrick kalt, die Grün-Weißen gewann 4:3 und Binder wurde zur Legende.

Zum Geburtstag von Franz "Bimbo" Binder, der sich am 1. Dezember zum hundersten Mal jährt, stellte sein Sohn am Donnerstag die Lebensgeschichte des Goalgetters in einem 360-seitigen Buch mit über 400 Bildern vor. Und Präsident Rudolf Edlinger freute sich, im Hanappi-Stadion die Erinnerungs-Bühne für "einen Mosaikstein der großartigen Geschichte des größten Sportvereins Österreichs" bieten zu dürfen. Für einen Weltrekordmann, der noch heute als torgefährlichster Stürmer der Welt gelten darf. Binder wurde sechs Mal Torschützenkönig für Rapid in der obersten Spielklasse und erzielte in 379 Pflichtspielen 469 Treffer. Dies ergibt einen sagenhaften Schnitt von 1,24 Toren pro Spiel. Da kamen auch Weltstars wie Pele (Bra), Ferenc Puskas (Ung) oder Arthur Friedenreich nicht mit. 

Eine Bimbo-Bombe

"Ich hätte heute gerne so einen Stürmer. Wenn sie einen kennen, behalten sie den Namen nicht für sich," sagt Edlinger und richtete sich an die Zuhörerschaft. Insgesamt traf die Torfabrik 1006-mal in 756 Spielen. Einen wie Binder bräuchte Rapid heute, der seinen sechs Titeln als Spieler auch noch vier Meisterschaften als Trainer und Sektionsleiter folgen ließ.

Franz Binder jun. erinnert sich an einen Vater, der 19 Jahre für Rapid kickte, eine derart lange Karriere bei einem Verein scheint heute unvorstellbar. Er erinnert sich auch an die Geschichte aus dem Jahr 1939, als Rapid in der zweiten Runde des deutschen Pokals Bayern München mit 5:2 schlug und "Bimbo" das Tornetz zerschoss. Es war kein Märchen. Der Schiedsrichter wollte schon Abstoß geben, also ihn die Rapid-Spieler aufforderten, sich doch das Netz anzusehen. Tatsächlich fand sich ein frisches Loch, der Treffer zählte für Binder. Damals waren die Tornetze noch aus geflochtenem Hanf und wenn diese schon altersschwach und morsch waren, dann konnte es passieren, dass "eine Bimbo-Bombe" das Netz durschlug.

"Der einzige Fußballer mit an Radar im Fuß"

Binder senior setze seine 1,90-Meter Körpergröße kompromisslos ein, die Rapid-Fans sollten ihren herbeigesehnten Goalgetter bekommen, noch dazu einen mit einem gewaltigen Schuss. Die exakte Ballberechnung war ihm angeboren, oft überraschte er die Torhüter, die nicht mit seinen Distanzschüssen rechneten, oder er nahm Bälle direkt oder als Drop Kick. Nicht umsonst sollte Ernst Happel einmal feststellen, "der Binder war der einzige Fußballer mit an Radar im Fuß".

Rapid-Trainer Peter Schöttel las ebenso aus dem Buch vor wie Goalie Helge Payer. Für Schöttel ist die Torquote Binders freilich atemberaubend, "er hätte meine vier Tore für Rapid in einer englischen Runde erledigt gehabt." Auch Zeitzeugen kamen zu Wort. "Gott sei dank durfte ich mit ihm spielen", sagte Alfred Körner (85), der seinerzeit als Flügelstürmer Binder die Bälle vor die Füße servierte. Und Rudi Flögel (71) sah einen ehrlichen und geradlinigen Charakter, vor einem Auswärtsmatch in Kärnten sagte der Trainer zu Flögel einmal beim Mittagessen: "Du kannst heute ein Schnitzel essen, weil du spielst eh nicht." Die Trainingsleistungen unter der Woche waren doch nicht so optimal gewesen.

Franz Binders Leben war ein bewegendes, wie auch seine Zeit. Er hat als Kind noch die Monarchie erlebt, später die erste Republik, dann den Nationalsozialismus und die Wiedergeburt Österreichs. Sein Lebensinhalt war immer Fußball, nach seiner Zeit bei Rapid war er unter anderen noch Trainer bei Nürnberg, 1860 München, Eindhoven und Bregenz. Am 24. April 1989 ist der Mann, der aus Lederbällen Kanonenkugeln formen konnte, gestorben. (Florian Vetter, derStandard.at, 17.11.2011)