Klara Köttner-Benigni ließ sich für das Mattersburger Literaturhaus in jenem Biotopfotografieren, das sie und ihre Mitstreiter vor demZugriff desFortschritts bewahrthaben.

Foto: Wetzelsdorfer

Eisenstadt - Theodor Kery war sich absolut sicher. "Brücke in drei Jahren fertig" , zitierte die rote Burgenländische Freiheit am 8. April 1971 ihren Landeshauptmann. Wer sollte das Vorhaben auch verhindern? Die paar Vogelbeobachter? Lächerlich: Die B52 von Eisenstadt über Rust und Mörbisch nach Illmitz und St. Andrä hatte immerhin schon Platz im Bundesstraßengesetz gefunden. Auf 142 Betonpfeilern sollte der See gequert werden; 3,5 Kilometer, die längste Brücke Mitteleuropas und laut Baulandesrat Helmuth Vogl bald auch eine "Fremdenverkehrsattraktion ersten Ranges" .

Dass die nicht errichtet wurde und der See deshalb weiterhin eine Fremdenverkehrsattraktion ersten Ranges sein darf, verdankt das Burgenland einer damals 43-jährigen Schriftstellerin, die ihren Brotberuf, Arbeitsmarktbetreuerin, quittierte, nachdem ihr das Engagement gegen die Seebrücke eine dienstliche Rüge eingebracht hatte.

Vom See zur Au

Klara Köttner-Benigni hat in diesem Jahr 1971 das Schnittmuster entworfen, nach dem die großen Umweltaktionen in den darauffolgenden Jahren ablaufen sollten. Zwentendorf 1978, vor allem aber Hainburg 1984.

Sie hat, von Eisenstadt ausgehend, ein europaweites Netzwerk geknüpft, in das renommierte Wissenschafter, vor allem aber auch Medien verwoben waren. "In aller Klarheit" , hielt die Organisatorin des Widerstandes vor vier Jahren in einem Aufsatz fest, "dass wir und unser ständig wachsender Kreis ebenso auf die Straße gegangen wären" . Aber für wichtiger hielt sie - "wie sich zeigte, zu Recht" - die Fundierung der Proteste durch einschlägige, seriöse Experten, die im Idealfall auch medial auftraten.

Otto Koenig mit seiner ORF-Sendung Rendezvous mit Tier und Mensch war so einer. Und als sogar Bernhard Grzimek, der bundesdeutsche Naturfilm-Star, sich in die Debatte mischte, hielt das sogar Der Spiegel für berichtenswert, was den Druck auf die Politik vervielfachte, obwohl deren Argumente, so das Hamburger Magazin, durchaus "beeindruckend" waren: Die acht Seewinkler "Hirtengemeinden" dürften nicht mehr "in einer Art Inlandsreservat verharren" . Eiserner Vorhang und See legten ja tatsächlich einen Schatten übers Tiefland.

Das "Komitee zum Schutz des Neusiedler Sees" setzte sich schließlich durch. Im Dezember 1971 gab es eine Veranstaltung an der Wiener Uni, bei der auch Konrad Lorenz seine Stimme erhob, wie zur Einübung für Hainburg. Danach gab es eine zwar nicht verkündete, aber doch eingehaltene "Nachdenkpause" . Die wurde dann endgültig 1975 beendet.

Klara Köttner-Benigni lebt heute mit ihrem Mann, dem Fotografen Walter Benigni, sehr zurückgezogen in Eisenstadt. Der Kampf gegen die Brücke ist, erzählt er, immer noch präsent bei ihnen. Und sei es nur deshalb, weil die Großmutter der Grünen zuweilen das Gefühl hat, dass sie und ihr Kampf schon ein wenig vergessen sind im Trubel der Erinnerung. (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD; Printausgabe, 23.11.2011)