Keine Chirurgiefabrik, sondern ...

(Foto: Hertha Hurnaus)

Foto: Hertha Hurnaus

... Gartenstadt mit Gesundheitsfunktion: das mit dem Bauherrenpreis ausgezeichnete Klinikum Klagenfurt (Auftraggeber: Kabeg).

(Foto: F. Horst)

Foto: F. Horst

Wo Bauherren wussten, was sie wollten, wagten und gewannen: Die Artenne Nenzing in Vorarlberg, ...

(Foto: Helmut Schlatter)

Foto: Helmut Schlatter

... das Bankhaus Spängler in Linz, ...

(Foto: Josef Pausch)

Foto: Josef Pausch

... die Landwirtschaftliche Fachschule Ritzlhof in Oberösterreich ...

(Foto: Markus Bstieler)

Foto: Markus Bstieler

... und der "Freiraum" an der Ahornbahn in Mayrhofen (Tirol) wurden ebenfalls unter den 37 Nominierungen als Preisträger gekürt. Wien war nicht darunter.

(Foto: David Schreyer)

Foto: David Schreyer

Fragt man Architekten nach ihren Traum- und Wunschprojekten, erhält man erstaunlich oft, viel öfter als "Konzerthaus, Museum, Turm in Dubai!", die Antwort, man wünsche sich eigentlich am liebsten einen Traumbauherren, der weiß, was er will und über Sinn für Architektur verfügt. Man will verstehen und verstanden werden, man will eine Aufgabe lösen, man will kooperieren. Architektur entsteht nicht solo auf der Tabula rasa, es gehören immer zwei dazu.

Fünf Preisträger

Dass neben den Architekten auch die andere Hälfte dieser Partnerschaft geehrt wird, darum kümmert sich seit 1967 einmal jährlich der österreichische Bauherrenpreis, der vorige Woche von der Zentralvereinigung der Architekten (ZV) in Klagenfurt verliehen wurde. 37 Nominierungen und fünf Preisträger wurden unter den 123 eingereichten Bauten aus allen Bundesländern gekürt. Die dreiköpfige Jury (Otto Kapfinger, Eva Rubin und Jurij Sadar) hatte dafür über 2000 Kilometer zurückgelegt, um alle nominierten Projekte inklusive ihrer Bauherren und -damen vor Ort unter die Lupe zu nehmen.

Das Spektrum reichte dabei von handgefertigten Low-Budget-Umbauten bis zu landesbehördlichen Großprojekten. Nebenbei bietet es einen hervorragenden Überblick über den gegenwärtigen Stand der Baukultur in Österreich.

"Gegenseitiges Geben und Nehmen"

Die mit Abstand größte bauherrliche Leistung wurde im Auslober-Bundesland Kärnten gekürt: Der Neubau des Klinikums Klagenfurt, seit 2010 das drittgrößte Krankenhaus Österreichs. "Das Klinikum ist ein irrsinnig komplexer Bau. Für Kärntner Verhältnisse ist das nicht selbstverständlich, dass ein europaweiter Wettbewerb erfolgreich umgesetzt und gegen politische Widerstände durchgebracht wird", erklärt ZV-Kärnten-Vorsitzender Reinhold Wetschko die Jury-Entscheidung.

Über zehn Jahre wurde an dem 327-Millionen-Euro-Projekt geplant, entschieden und gebaut, drei Architekturbüros - Dietmar Feichtinger, Priebernig "P" und Müller & Klinger/Architects Collective - waren beteiligt. Der preiswürdige Aspekt, eben keinen Krankenhausmoloch aufzutürmen, sondern einen maximal dreigeschossigen Komplex, dessen große Fensterflächen sich um Gärten und Höfe gruppieren, wie eine Ziehharmonika aufzuspannen, blieb bis zum Schluss erhalten. "Es war ein permanenter Prozess zwischen Architekten und Nutzern, ein gegenseitiges Geben und Nehmen", freut sich Bruno Roland Peters, Betriebsdirektor des Klinikums. "Die Grundsatzentscheidung für einen Neubau anstatt der aufwändigen Sanierung des alten Krankenhauses mit seinen mehr als zwei Dutzend Einzelpavillons hat sich als richtig erwiesen."

Am entgegengesetzten Ende des Größenspektrums und von Österreich ging ein Preis an die Artenne Nenzing in Vorarlberg. Die Bauherren Hildegard und Helmut Schlatter hatten für den Umbau einer Scheune zu einem Kulturort für Veranstaltungen und Ausstellung sogar eigens einen Architekturwettbewerb ausgelobt, den Hansjörg Thum aus Feldkirch gewann. Ohne die Grundsubstanz der Tenne anzurühren, wurde diese behutsam möbliert, ihr rural-rauer Charme durch Materialien wie unbehandeltes Stahlblech ergänzt.

Primus Oberösterreich

Eine erstaunlich hohe Anzahl an Einreichungen traf dieses Jahr aus Oberösterreich ein, und gleich zwei der fünf Preise gingen folgerichtig auch dorthin. "Ein gewisses Ungleichgewicht gibt es zwar immer, die Dichte und Qualität der Einreichungen aus Oberösterreich hat uns aber völlig überrascht", berichtet Reinhold Wetschko, der die Jury begleitete.

In Linz wurde ein zweiter Umbau honoriert; dieser dauerte aber ungleich länger. 1999 hatte das Bankhaus Carl Spängler, Österreichs älteste Privatbank, die zwar privilegiert gelegene, aber heruntergekommene Immobilie aus dem 15. Jahrhundert am Hauptplatz erworben und einen jungen lokalen Architekten mit dem Umbau beauftragt. Es wurde eine intensive Zusammenarbeit, die fast zehn Jahre dauerte. "Das Haus war absolut desolat!", erinnert sich Architekt Andreas Heidl. "In den letzten 200 Jahren hatte niemand auf die Primärstruktur Rücksicht genommen, das Gebäude war am Ende der Leistungsfähigkeit."

Vertrauen und Geduld

Die Vorgaben: "Es sollte auf keinen Fall protzig und vergoldet sein, sondern funktionell, schlicht und einfach, passend zu unserem Kundensegment im Private Banking", erklärt Spängler-Niederlassungsleiter Johann Penzenstadler. Mit gegenseitigem Vertrauen und beidseitiger Geduld machten sich Bauherr und Architekt daran, das sechs Meter schmale und 52 Meter tiefe Haus in mehreren Bauabschnitten sorgfältig zu füllen. Wände wurden entfernt, Technik diskret unter Holzböden versteckt, Fast-Einstürze verhindert.

"Vieles musste blitzschnell am Telefon entschieden werden", sagt Heidl. Am Ende war sogar noch Platz übrig, der zu einem Ruheraum für die Mitarbeiter wurde.

Als einziger öffentlicher Bauherr wurde das Land Oberösterreich mit einem Preis bedacht. Für die Landwirtschaftliche Berufs- und Fachschule Ritzlhof (Architekten: Dickinger-Ramoni) wurde ein alter Vierkanthof mit einem Vierkant-Atrium ergänzt, um das sich helle Räume aus Holz - das Material war eine explizite Forderung des Bauherren - für die 600 Schüler gruppieren.

Ermutigende Signale

Begeisterung schließlich überkam die Jury auf 2000 Metern Seehöhe angesichts des Erlebniskomplexes "Freiraum" an der Ahornbahn in Mayrhofen (Tirol) von M9 Architekten aus Innsbruck. Fern jeder Skihüttigkeit von der Stange ragt ein auskragender Balken aus Beton und Panoramafenstern weit in die hochalpine Luft. Der Beton für den Bau wurde ökologisch vorbildlich vor Ort erzeugt.

Fazit von Reinhold Wetschko: "Als Momentaufnahme österreichischer Architektur zeigen alle Einreichungen eine Qualität, die an sich schon preiswürdig ist." Ein ermutigendes Signal für die Bauherren der Zukunft. (Maik Novotny, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26./27.11.2011)