Plantschen "in einer der ursprünglichsten und vielleicht atemberaubendsten Naturlandschaften Europas" - so verspricht es die Webseite. Inmitten des Nationalparks Seewinkel lässt man sich in der St. Martins Therme im warmen Wasser treiben, der Blick schweift über die Steppe. "In und mit der Natur" befinden wir uns. Gans, Reiher und Ziesel inbegriffen.

Dem Heilwasser entstiegen, ruhen wir im Innenbereich des "in sich geschlungenen Schneckenhauses". Bis eine Wolke Frittierfett sich über den Raum legt. Kann ja wohl kaum aus dem "Marktrestaurant" kommen, so Nationalpark-öko-bio-nachhaltig das ganze Konzept beworben wird. Da die Wolke immer penetranter wird, hüllen wir uns in weiße Bademäntel und erkunden die Lage.

Das Marktrestaurant trägt seinen Namen deshalb, weil man sich, laut Info-Folder, an den verschiedenen Markt-Ständen von frisch vor den eigenen Augen zubereiteten "regionalen Spezialitäten" selbst bedienen kann. Also ein Selbstbedienungsrestaurant.

Drinnen wartet eine lange Schlange Badegäste vor einer Ausgabestelle mit zwei viel beschäftigten Köchen und macht den Abgang mit Türmen von Pommes - und Grillwürstln mit Pommes - am Teller. Darüber hinaus gibt es alles, was der Nationalpark so zu bieten hat: gebackenen Kabeljau mit Reis (!), Pangasius, Pizza, Wokgerichte mit Garnelen... Das Salatbuffet setzt sich neben Blatt- und Paradeis-, Gurken- und Bohnensalat aus Erdäpfel-Mayonnaise-, Nudel-Mayonnaise-, Schwarzwurzel-Mayonnaise- und Waldorffsalat zusammen, wobei letzterer hauptsächlich aus Mayonnaise besteht. Das, was der Nationalpark tatsächlich an Köstlichkeiten hergibt, bleibt wohl den Gästen des noblen Lodge-Restaurants vorbehalten, das vom Badebereich aus allerdings nicht zugänglich ist.

Natürlich schmecken sie gut, unsere "regionalen Spezialitäten" - Pommes und Mayo-Salate. So gut wie im Prater, im Gänsehäufl, auf der Schihütte und in allen weiteren charakteristischen Fritteuse-Universen. Im Marktrestaurant verzehrt man sie in Mensa-Atmosphäre: Plaudernde Buffetkräfte wischen ein bisschen mit Wettex herum, braun getöntes Interieur unter schummriger Beleuchtung mit dezenter Ö3-Beschallung. Um danach den Ort durch eine Glastür wieder zu verlassen. Dahinter beginnt eine Welt, wie sie konträrer kaum sein könnte. (tin, derStandard.at)

Am 15. Dezember erreichte uns die Stellungnahme von Klaus Hofmann, Geschäftsführer der St. Martins Therme: "Die Kritik am Angebot unseres Marktrestaurant nehmen wir sehr ernst. Tatsächlich war St. Martins von Anfang an bemüht, seinen Gästen auch im Thermenrestaurant gehobene, regionale Küche zu bieten. Über die Zeit haben wir jedoch erkannt, dass viele, vor allem jüngere Gäste, letztendlich die klassische Auswahl, wie sie auch in anderen Häusern angeboten wird, bevorzugen. Nach diesen Wünschen wollen und müssen wir uns richten." Dass es während des Aufenthalts in der St. Martins Therme zu Geruchsbelästigung gekommen ist, bedauert man zutiefst und arbeite an einer Optimierung der Klimatechnik.