Bild nicht mehr verfügbar.

Boris Johnson verteidigt David Cameron gegen den Zorn europäischer Medien und Politiker.

Foto: AP/West

...sondern der offenkundige Nachweis, dass die Briten mit ihrer Euroskepsis recht behalten haben, sagt Londons Bürgermeister.

*****

Ich weiß, manche Leute sind beunruhigt, dass all die mächtigen Europäer so furchtbar, furchtbar böse auf uns sind. Angela Merkel sagte, dass wir nicht einmal anständig verhandelt hätten. Sarkozy bringt es kaum über sich, Britannien namentlich auszusprechen und wurde heimlich dabei gefilmt, als er sich offenbar weigerte, Cameron die Hand zu geben. Über den ganzen Kontinent sind die Zeitungen voller zorniger Schlagzeilen über die generelle Dummheit und Arroganz der Engländer/Anglais/Inglesi. Ich habe ein paar arme, liberaldemokratische EU-Parlamentarier beobachtet, die vor Ekel über das britischen Verhalten auf dem EU-Gipfel geradezu zu platzen schienen.

Und es dürfte viele Leute in diesem Land geben, denen die der ätzenden Kritizismus regelrecht Angst macht: Tage hindurch hat uns die BBC permanent in düsteren Tönen erzählt, wie isoliert und marginalisiert wir seien - als hätte man entschieden, uns auf unsere nebelige Insel in die Verbannung zu schicken wie eine Horde indigoblau angestrichener Barbaren. Ich hoffe daher, ein wenig zur Beruhigung der Gemüter beitragen zu können, indem ich darauf hinweise, dass unsere europäischen Freunde und Partner ganz und gar nicht über diesen Gipfel verärgert sind. Alle tun ja jetzt förmlich so, als wäre an Camerons Veto etwas Epochemachendes - als hätten wir eine Art nationales "Excalibur" aus dem Felsen gezogen oder unsere Atomwaffen in Stellung gebracht.

Die Realität ist, dass schon viele unserer Premierminister Entscheidungen blockiert haben, die nicht im Interesse des Landes waren - von Thatchers Nein zum EU-Budget bis Blairs Ablehnung der Kapitalertragssteuer. Und dass viele andere Premiers oft viel aufsässiger waren als die britischen - man denke an Spaniens Felipe Gonzalez, der einen EU-Gipfel solange aufzuhalten pflegte, bis er das Gefühl hatte, genug Zugriff auf irischen Dorsch und Schellfisch zu haben.

Nein, der Ärger gilt nicht unserer Opposition zum neuen Stabilitätsvertrag. Was unsere europäischen Brüder und Schwestern permanent gegen uns aufbringt, ist die Tatsache, dass wir mit unserer Skepsis gegenüber dem Euro recht behalten haben. Über 20 Jahre sind britische Minister immer wieder nach Brüssel gefahren, um zu betonen, dass sie den Gemeinsamen Markt zwar für eine ganz tolle Sache halten, aber doch gewisse Zweifel hätten, ob der Versuch, eine Währungsunion zu schaffen, wirklich so klug sei. Und 20 Jahre sind wir nicht müde geworden, darauf hinzuweisen, dass eine Währungsunion nur funktionieren kann, wenn es auch eine politische Union mit einer Art europäischer Zentralregierung gibt - die allerdings demokratisch nicht durchzusetzen ist.

Seien wir doch ehrlich: Es waren nicht angelsächsische Banker, die die Turbulenzen in der Eurozone verursacht haben, Sarkozy, mon ami, es war das Unvermögen der Eurostaaten, die Maastricht-Kriterien einzuhalten - beginnend mit Frankreich übrigens... (DER STANDARD, Printausgabe, 13.12.2011)