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Hochsaison auf den Pisten nach zähem Start, auch die Hotels sehen sich zu 90 Prozent ausgelastet.

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Oliver Schwarz sind die Vorurteile gegen russische Urlauber zuwider. Die Russen gingen lieber flanieren und shoppen, statt sich beim Après-Ski zu besaufen, weiß der Tourismusdirektor des Ötztals zu berichten. Einige Stunden auf den Pisten reichten ihnen völlig aus, anders als den Deutschen, die ihre Skipässe gern bis auf die letzte Minute ausreizten. "Und nur weil einer die Vor-, Haupt- und Nachspeisen zugleich auf seinem Tisch haben will, ist er deswegen noch lang kein Barbar."

Fast jeder zehnte Wintertourist in Sölden ist Russe. Einzelne Hotels zählen dort derzeit kaum Gäste anderer Nationen, und mit dem orthodoxen Weihnachtsfest am 7. Jänner erreicht das Geschäft mit den Russen den Höhepunkt. Seit sie Tirol als Winterdestination für sich entdeckt haben, sei das traditionelle Umsatzloch im Jänner Geschichte, freut sich Schwarz. Mittlerweile komme auch die gehobene Mittelschicht auf die Pisten, gebucht werde abseits großer Reiseveranstalter vermehrt individuell.

Um gut ein Drittel nehmen ihre Nächtigungen jährlich zu. So ganz nachvollziehen können viele Touristiker den Hype um sie dennoch nicht. Sepp Schellhorn, Präsident der Hoteliervereinigung: "Es wird darum zu viel Wirbel gemacht. Da gehört relativiert." Die Deutschen sorgten in Österreich jährlich für 55 Millionen Nächtigungen - nach wie vor nur eine Million buchten Russen. Ein Zuwachs von 30 Prozent bei ihnen sei schön und gut, verliere man aber ein Prozent der Deutschen, mache das etliche Millionen aus. Schellhorn sieht seine Branche gefordert - zumal Touristen aus dem Nachbarland seit Jahren weniger werden. Die Österreicher selbst belegen ein Drittel der Betten. Auch sie gehörten stärker umworben, meint Tourismus-Obmann Johann Schenner. "Bei gutem Wetter sind sie stets rasch da."

Zäher Start

Zäh war der Start in die laufende Wintersaison. Er wolle sich die Schwarzmalerei rundum gar nicht ausdenken, wäre der Schnee weiterhin ausgeblieben, sagt Schellhorn. Doch nun soll alles gut werden. Die Hotels seien wie alle Jahre wieder zu 90 Prozent ausgelastet. Experten versprechen für den Winter stabile Nächtigungen. Gebucht wird jedoch immer kurzfristiger, der Winterurlaub währt im Schnitt kaum mehr als vier Tage.

Ein frühes Ostern macht die Saison heuer zudem kurz und kompakt. Bei den Umsätzen gibt sich keiner der Euphorie hin, erwartet werden reale Rückgänge von zwei bis drei Prozent, sagt Petra Stolba, Geschäftsführerin der Österreich Werbung. "Die Leute gönnen sich ihren Urlaub, sparen aber bei den Nebenkosten", bestätigt Schwarz. Statt drei trinke man etwa nur ein Bier auf der Hütte und nahm den Champagner für Silvester von zuhause mit. "Auch die Russen drehen den Euro jetzt zweimal um."

Österreich hält im europaweiten Wintertourismus einen Marktanteil von 57 Prozent. Dass Skiurlaub ein kostspieliges Vergnügen ist, wollen die Unternehmer nicht so sehen, im Gegenteil. "Wir verkaufen uns zu billig, ein falscher Weg für Tirol", seufzt Schwarz mit Blick gen Schweiz. Dass höhere Preise zulasten der Gästezahlen gehen, schließt er nicht aus. "Es ist halt eine Gratwanderung."

Abseits jeder Krise sehen sich auch die Skilehrer. 17.000 gibt es derer in Österreich, 500 Schulen buhlen um lernwilliges Publikum. Vor allem im Westen laufe es hervorragend, erzählt Verbandspräsident Richard Walter. "Es gibt keine Spur von Einbußen." An Konflikten fehlt es dennoch nicht. Illegale ungeprüfte Skilehrer machten laut Walter Pisten von Kitzbühel bis St. Anton unsicher. Ihnen Schwarzarbeit nachzuweisen sei schwer. Dass Skilehrer kein Russisch können, wie Touristiker beklagen, lässt er nicht gelten, zumal "es auch in Verbänden kaum einer spricht". Man behelfe sich mit gebürtigen Russen - sofern es für sie Arbeitsgenehmigungen gibt. (Verena Kainrath, DER STANDARD, Printausgabe, 5.1.2012)