Boston - Ziemlich sinnlos: Bluttransfusionen im Rahmen von Operationen für einen Hüftgelenksersatz haben auch bei Hochrisiko-Patienten mit Herz-Kreislauferkrankung oder einer Gefährdung dafür keinen positiven Effekt. Das haben US-Wissenschafter unter Jeffrey L. Carson von der MedUni von New Jersey (USA) in einer Studie mit 2.016 Patienten bewiesen. In Österreich gibt es seit Jahren eine heftige Diskussion zum Thema der Bluttransfusionen.

"Der Hämoglobin-Grenzwert, ab dem nach einer Operation eine Bluttransfusion (Erythrozyten, Anm.) angezeigt ist, ist umstritten. Wir führten deshalb eine Studie durch, um zu bestimmen, ob ein höherer Schwellwert für Bluttransfusionen die Erholung der Patienten nach einer Operation wegen einer Hüftgelenksfraktur verbessert", schrieben die Wissenschafter jetzt im "New England Journal of Medicine" (29. Dezember).

Operationen oft mit Blutverlust

Die Wissenschafter nahmen 2.016 Patienten über 50 Jahren in die Studie auf. Sie hatten eine Hüftgelenksfraktur und waren zusätzlich herzkrank oder hatten Herz-Kreislauf-Risikofaktoren. Nach der Operation mit künstlichem Hüftgelenksersatz wiesen sie einen Hämoglobin-Wert unter zehn Gramm pro Deziliter Blut auf. Die Normalwerte betragen bei Männern etwa zwischen 13,5 bis 17,5 Gramm Hämoglobin pro Deziliter Blut, bei Frauen zwischen zwölf und 16 Gramm. Große orthopädische Operationen wie Hüftgelenksersatz gehen oft mit einem erheblichen Blutverlust einher. Die Chirurgen versuchen ihn möglichst gering zu halten.

In der Studie wurden die Patienten per Zufallsprinzip zwei Gruppen zugeteilt: 1.007 Probanden erhielten schon mit einem Hämoglobinwert von weniger als zehn Gramm pro Deziliter Blutkonserven. 1.009 Mitglieder der Vergleichsgruppe bekamen Transfusionen erst bei deutlich mehr "Blutarmut" von weniger als acht Gramm Hämoglobin pro Deziliter Blut beziehungsweise echten Symptomen einer Anämie.

Als primäre Bewertungskriterien wurden der Tod oder relative Immobilität innerhalb von 60 Tagen nach der Operation gewertet. Die beiden Gruppen unterschieden sich jedenfalls nicht statistisch signifikant von einander: Jeweils rund 35 Prozent der Operierten starben oder waren auch nach 60 Tagen nicht in der Lage, allein und ohne Hilfe ein Zimmer zu durchqueren. Mit einer Differenz von nur rund einem Prozent zwischen den beiden Gruppen bei der Häufigkeit von Todesfällen oder Herz-Kreislauf-Zwischenfällen im Spital oder binnen 60 Tagen nach der Operation gab es ebenfalls kaum Unterschiede.

Problem Anämie vor Operationen

Eine österreichische Vergleichsstudie hat enorme Unterschiede zwischen einzelnen chirurgischen Abteilungen bei der Häufigkeit von Bluttransfusionen ergeben. Bei Hüft- und Kniegelenksersatz sowie Bypass-Operationen gibt es hier Schwankungen von bis zum 17-fachen. 20 bis 30 Prozent der Patienten vor elektiven Eingriffen (geplante Operationen, zum Beispiel Hüft- oder Kniegelenksersatz, Herz-Bypass-Operationen etc.) haben eine Anämie. Sie haben den drei-bis vierfachen Transfusionsbedarf. Mehr als 90 Prozent der Patienten werden aber vor der Operation nicht gegen ihre Blutarmut behandelt. (APA)