Das Konzertgebäude der Wiener Sängerknaben: als Modell ...

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... und im Rohbau. Das Pförtnerhäuschen wurde erhalten.

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Leitet den Konzertsaal: Elke Hesse.

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Wien - Die Aufregung war groß im Jahr 2006, als die Leitung der Wiener Sängerknaben bekanntgab, gleich neben dem Palais im Augarten, an der Ecke Castellezgasse und Obere Augartenstraße, um zwölf Millionen Euro ein Konzertgebäude errichten zu wollen. Die Argumente, dass der Bau ohne Steuergelder, mithilfe des Generalsponsors Pok - Pühringer Privatstiftung realisiert werde und die Zustimmung des Denkmalamtes bereits vorliege, halfen nichts: Es entbrannte ein Kampf um den sogenannten Augartenspitz.

Noch immer werden donnerstags Mahnwachen gehalten, aber der Sturm der Entrüstung hat sich längst gelegt. Denn es kam zu Umplanungen und Redimensionierungen: Das barocke Pförtnerhäuschen blieb erhalten, das beauftragte Team Archipel integrierte es geschickt in die neue Architektur. Zudem stellten sich etliche Behauptungen der Gegner als unrichtig heraus.

Der Park wurde keineswegs verkleinert (der Augartenspitz war schon Gewerbegebiet), die Allee bleibt fast zur Gänze erhalten, lediglich vier, ohnedies erkrankte Bäume mussten gefällt werden. Und das tief in die Erde gedrückte Gebäude, das mit einer Grundfläche von 1265 Quadratmetern an ein Schiff erinnert, ragt bloß fünf Meter in die Luft: Im Vergleich zur übertrieben groß dimensionierten Anlegestelle am Donaukanal fügt es sich ziemlich elegant in die Umgebung und Sichtachsen ein.

Elke Hesse, Geschäftsführerin der Wiener Sängerknaben Konzertsaal ErrichtungsgmbH, führte den Standard durch den nahezu fertigen Rohbau: überall Glasflächen und schräge Wände, kaum wo ein rechter Winkel. Neben dem Pförtnerhäuschen, in dem Kassa und Café untergebracht werden, soll ein Patio, ein Vorgarten und Pausenbereich, entstehen.

Der Saal, variabel bestuhlbar, wird bis zu 415 Zuschauer fassen, die Bühne, zwölf Meter breit und neun Meter tief, ist wohl größer als jene des Theaters in der Josefstadt. Der Orchestergraben für bis zu 24 Musiker lässt sich anheben (und daher zum Verschwinden bringen), es gibt zwar keinen Schnürboden, aber eine Seitenbühne und andere technische Einrichtungen, um auch aufwändige szenische Produktionen realisieren zu können.

Elke Hesse, langjährige Assistentin des verstorbenen Theaterdirektors Hans Gratzer und von 2005 bis 2009 Intendantin der Bad Hersfelder Festspiele, ist aber nicht nur für die Errichtung, sondern auch für die Bespielung zuständig. Zur Eröffnung im Dezember plant sie ein kleines Festival. Ab 2013 sind pro Saison zwei bis drei Kinderopern mit insgesamt 50 Vorstellungen und rund 20 Konzerte der Sängerknaben-Chöre vorgesehen. Die übrige Zeit soll die Bühne vermietet werden: Hesse ist derzeit auf der Suche nach Koproduktionspartnern.

Und auch nach einem geeigneten Namen. Weil das langgezogene Projekt ob der vielen schrägen Flächen an einen Kristall erinnert, sprach man vom "Konzertkristall". Hesse findet den Begriff in einem Bezirk wie der Leopoldstadt, in dem die Nationalsozialisten in der "Kristallnacht" 1938 viele jüdische Einrichtungen in Brand steckten, als nicht passend. Gegenwärtig bevorzugt man den Namen Vox Augarten. Unter diesem Titel stellte Elke Hesse eine Ausstellung zusammen, die am Montag im Kassensaal der Bawag/PSK (Georg-Coch-Platz 2) eröffnet wurde: Sie gibt als "Momentaufnahme" einen Einblick in das heißdiskutierte Projekt.  (Thomas Trenkler, DER STANDARD, Printausgabe, 18.1.2012)