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Grafik: APA

Das heimische Mietrecht, kürzlich 30 Jahre alt geworden, ist ein Dschungel, in dem sich kaum noch ein Jurist flächendeckend zurechtfindet. Ob ein Mietobjekt in den Voll- oder nur in den Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) fällt, liegt einerseits und quasi in der Hauptsache am Baujahr bzw. dem Jahr der Baubewilligung des betreffenden Wohngebäudes. Ferner ist aber etwa auch zu berücksichtigen, wieviele Mietwohnungen sich in dem Objekt befinden und ob es gefördert errichtet wurde oder nicht. Unterschiedliche Regelungen gibt es außerdem für Dienst- und Ferienwohnungen oder Dachgeschoßausbauten, et cetera.

Der Immobilienwirtschaft ist das schon lange ein Dorn im Auge, insbesondere seit rund sechs Jahren, als ein paar in sich widersprüchliche OGH-Urteile zu Klauseln und Erhaltungspflichten das geltende Recht ordentlich durcheinanderwirbelten. Heute ist niemand mit der Situation zufrieden, jeder Player macht Vorschläge, doch es tut sich nichts. Zumindest nicht mehr in dieser Legislaturperiode, da sind sich Beobachter einig.

"Grundlegend erneuern"

Um das Thema aber auf dem Radarschirm der Politik zu belassen und sich andererseits auch schon für die Zeit nach den nächsten Wahlen zu rüsten, hat der Österreichische Verband der Immobilientreuhänder (ÖVI) am Mittwoch einen neuen Vorstoß unternommen. Präsident Udo Weinberger forderte dabei einen "grundlegenden Erneuerungsprozess", an dessen Ende ein "fairer Ausgleich zwischen Leistung und Gegenleistung" stehen solle.

Die Eckpunkte: Das neue Mietrecht sollte für alle Wohnungsmietverhältnisse in gleichem Umfang gelten - "und nicht wie bisher die Schutzwürdigkeit eines Mietverhältnisses vom Baujahr des Gebäudes abhängig machen". Alle Wohnungsmieter seien vor dem Gesetz gleich schutzwürdig, so Weinberger auf einer Pressekonferenz in Wien.

Als "einfache Grundregel" wünscht sich Weinberger einen "angemessenen" Mietzins beim Neuabschluss von Wohnungsmietverträgen, wobei die Angemessenheit anhand von Preisspiegeln oder auch von Gutachterausschüssen, wie dies in Deutschland praktiziert wird, sichergestellt werden könnte. Auch der Betriebskostenkatalog soll reformiert werden, geht es nach den Vorschlägen des ÖVI: Grundsteuer und Versicherungsprämien sollten rausfallen aus dem Katalog - eine langjährige Forderung von Mieterorganisationen. "Als überwälzbare Betriebskosten sollten primär verbrauchsabhängige Kosten wie etwa Wasser, Müll, Schneeräumung und Hausreinigung, Strom für allgemeine Teile und Betriebskosten für Gemeinschaftseinrichtungen gelten."

"Umfassende Erhaltungspflicht" bei Befristung

Wird eine Wohnung befristet vermietet, "sollte den Vermieter einer Wohnung die umfassende Erhaltungspflicht treffen", so Weinberger weiter - der an dieser Stelle auch schelmisch anmerkte, dass es sich "immer noch um die Pressekonferenz des ÖVI, und nicht um jene der Bundesarbeiterkammer" handle. Bei unbefristeten Vermietungen sollten "vertragliche Abweichungen innerhalb eines definierten Rahmens" möglich sein.

Gelten sollte dies alles nur für das vergleichsweise kleine Segment der Altbau-Mietwohnungen, die von gewerblichen oder privaten Vermietern angeboten werden und derzeit noch in den Vollanwendungsbereich des MRG fallen. Diese Vertragsverhältnisse stellen nur 23 Prozent des gesamten Mietwohnungsbestands in Österreich dar (siehe Grafik), der größere Markt der kommunalen und genossenschaftlichen Mietwohnungen wäre von den ÖVI-Änderungsvorschlägen nicht betroffen.

Von den 330.000 bundesweiten Altbau-Wohnungen, für die sich der ÖVI eine "Anpassung" der Mietverträge wünscht, befinden sich mehr als zwei Drittel in Wien. Diese Altmietverträge sollten "schrittweise an das Marktniveau herangeführt werden", etwa indem bei der Weitergabe von Friedenskronen-Wohnungen an Angehörige eine Mieterhöhung möglich wird, "falls das Gebäude thermisch saniert wird", sagte Weinberger.

Zu wenig Neubau

Für den ÖVI-Präsidenten ist das für Vermieter "unattraktive Mietrecht" auch verantwortlich dafür, dass es in Österreich kaum privaten Mietwohnungsbau gäbe. Österreich im Allgemeinen und Wien im Speziellen hätten in den vergangenen Jahren zu wenige Wohnungen gebaut, und die knappen öffentlichen Kassen ließen auch in den nächsten Jahren keine Trendwende erkennen, sagte Klaus Wolfinger, Bauträgersprecher und Vizepräsident des ÖVI. In städtischen Zentren solle man über Raumordnung und Förderungen eine "Nachverdichtung" und Sanierung der bestehenden Wohnungen erlauben.

In Wien und in der Steiermark seien im Durchschnitt der Jahre 2005 bis 2010 nur jeweils 3,9 Wohneinheiten pro tausend Einwohner baubewilligt worden, in Niederösterreich mit 4,1 nur unwesentlich mehr - dabei seien gerade in Wien und NÖ aufgrund der demographischen Entwicklung diesbezüglich in den nächsten Jahren vermehrte Anstrengungen erforderlich.

Einer Planwertabgabe steht man im ÖVI skeptisch gegenüber. Die Umsetzung dieser Idee - die verpflichtende Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen aus Teilen der Umwidmungsgewinne eines privaten Grundeigentümers - würden "verfassungsrechtliche Bedenken" erschweren, erklärte Wolfinger. Was die ebenfalls derzeit diskutierte Schaffung einer Widmungskategorie "Sozialer Wohnbau" betrifft, müsse jedenfalls ein transparenter Ablauf bei der Verwertung des betreffenden Grundstücks sichergestellt werden. (Martin Putschögl, derStandard.at, 18.1.2012)