25 Euro für ein paar Stunden: Co-Working-Plätze wie etwa im Neno-Office in Wien-Mariahilf richten sich in erster Linie an Selbstständige, denen zu Hause die Decke auf den Kopf fällt.

Foto: Neno

Wien - Von den rund 4,1 Millionen erwerbstätigen Österreichern sind etwa 478.500 Personen selbstständig tätig (Stand 3.Quartal 2011). Und die Zahl wird - abgesehen von ein paar kleineren Schwankungen - von Jahr zu Jahr größer. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren war die Selbstständigenquote in Österreich noch um ein Fünftel geringer.

"Die Gesellschaft ändert sich und mit ihr auch die Bedingungen am Arbeitsmarkt", erklärt Alexander Strohmayer, Gründer und Geschäftsführer der Neno-Offices, mit einem gewissen Pathos. "Daran besteht kein Zweifel, und darauf müssen wir reagieren." Gesagt, getan. Vergangenen Dienstag luden er und sein Team ins Dachgeschoß eines noblen Gründerzeithauses mit Blick auf Mariahilfer Straße und Neubaugasse. Anlass war die Eröffnung des neuen Neno Head Office, einer Art anmietbaren Arbeitsstätte auf Zeit.

Apple-Ästhetik

Hoch oben über dem Café Ritter, wo bis Sommer 2010 der österreichische Fernsehsender Go-TV eingemietet war, befindet sich nun ein 550 Quadratmeter großes Loft mit 35 vermietbaren Arbeitsplätzen, die sich über drei Geschoße erstrecken. Böden, Schreibtische und Lounge-Chairs sind weiß, die schicken Accessoires sind lindgrün, hellblau und magentafarben. Apple-Ästhetik pur. Es ist, als würde man in einem überdimensionalen iPod sitzen.

"Die coole Gestaltung ist bewusst gewählt", erklärt Strohmayer, "denn wir wollen mit diesem Head Office vor allem digitale Nomaden und Young Urban Creatives ansprechen, die für ein paar Stunden oder Arbeitstage aus ihrer Home-Office-Isolation flüchten und sich in Gesellschaft begeben wollen." Die Anreize gegenüber einem Kaffeehaus lägen nicht nur in den sozialen Kontakten, sondern auch in der technischen Infrastruktur.

Post wird auf Wunsch gescannt

Jedes Neno-Mitglied hat Wi-Fi-Zugang und kann Drucker, Kopierer und Plotter ohne Entgelt mitnutzen. Außerdem können über sogenannte Smart-Boards interaktive Videokonferenzen abgehalten werden. Ein 3-D-Drucker (Rapid Prototyping) für Architekten, Designer und Modellbauer sowie ein holografisches Display, mit dem Räume und Diagramme dreidimensional veranschaulicht werden können, befinden sich bereits in Planung. Auf Wunsch gibt es auch mail2email: Per Post eingelangte Briefe werden geöffnet, gescannt und sofort an den Adressaten weitergemailt.

"Wir bieten an, unser Office als offizielle Postadresse zu nutzen", sagt der Neno-Mann. "Nachdem die meisten unserer Kundinnen und Kunden mobil sind, gehe ich davon aus, dass dieses Service stark genutzt werden wird." Die Pläne gehen noch weiter: In Anlehnung an Offshore-Dienstleistungen, die heute meist nach Indien delegiert werden, soll man im Neno-Office schon bald Terminorganisationen, Reisebuchungen und einfache Buchhaltungen einkaufen können.

Neno-Office Tuchlauben

Die nächsten Neno-Offices sind bereits in Bau. Ende Februar wird auf den Tuchlauben ein Nobelbüro eröffnet. Und im Mai folgt ein Neno-Loft am Rochusmarkt. "Wir wollen unseren Kunden eine gewisse Standort-Flexibilität anbieten" , sagt Strohmayer. Doch eines hätten alle - auch zukünftigen - Standorte gemeinsam: "Unsere Offices liegen alle maximal fünf Gehminuten von einer U-Bahn-Station entfernt."

Die Preispolitik, gibt man sich bei Neno stolz, sei transparent gestaltet. Ein Arbeitsplatz kostet 25 Euro pro Halbtag beziehungsweise 39 Euro für den ganzen Tag. Das Besprechungszimmer gibt es ab acht Euro pro Stunde. Damit ist Neno das jüngste, aber auch mit Abstand teuerste Co-Working-Office in Wien. Bei Sektor 5 (Siebenbrunnengasse 44, 1050 Wien) gibt es einen Arbeitsplatz ab 15 Euro pro Tag. Bei The Hub Vienna (Lindengasse 56, 1070) kann man sogar schon um 12,50 Euro unter Gleichgesinnten arbeiten. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28./29.1.2012)