Es wäre alles so leicht. Die Koalition müsse nur wollen, sagen die rhetorischen Reformpropheten, dann ließen sich im Handumdrehen Milliarden einsparen. Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl etwa hat ein entwaffnendes Konzept vorgelegt: Einfach die Ausgaben um fünf Prozent kürzen - schon wäre die Republik gerettet.

Leider ist die Realität komplexer als in halbseitigen und -seidenen Milchmädchenrechnungen. Das zeigt sich gerade bei den viel beklagten "Kostentreibern" im Budget.

Beispiel Gesundheit: Minister Alois Stöger etwa ist mehr Realist als Bremser, wenn er verkündet, dass die Spitalsreform noch zwei Jahre auf sich warten lasse. Ein derart verfahrenes System lässt sich nicht per Diktat für ein flottes Sparpaket umkrempeln, dafür fehlt dem Ressortchef schon einmal die Macht. Und selbst wenn die für die Krankenhäuser zuständigen Länder in kollektiven Reformrausch verfallen sollten, bleibt die Kur - neue Strukturen, neues Angebot - wegen der Wechselwirkungen langwierig. Es hilft nichts, Leute aus teuren Spitälern schmeißen zu wollen, wenn es gleichzeitig zu wenige Arztpraxen oder Pflegebetten gibt. Langfristig kann ein Generalumbau viel bringen, doch mit schnellem Geld ist nicht zu rechnen.

Ähnlich vertrackt ist eine Pensionsreform. Natürlich ist es ein Übel, dass die Österreicher im Schnitt mit 58 Jahren in Pension gehen - gerade der rote Gewerkschaftsflügel blickt da auf eine unselige Tradition der Ignoranz zurück. Doch systemische Unsinnigkeiten, die zur Frühpension verleiten, sind nur eine Seite der Medaille. Genauso gibt es ältere Arbeitnehmer, die aus dem Job gedrängt werden oder zum Weitermachen einfach zu marod sind.

Angesichts der vielschichtigen Problemlage ist der Glaube naiv, das Antrittsalter durch Drehen an ein paar Stellschrauben mir nichts, dir nichts um mehrere Jahre anheben zu können, um dem Staat Milliarden zu ersparen. Landen verhinderte Frühpensionisten in der Arbeitslosigkeit oder im Krankenstand, ist nichts gewonnen. Auch hier gilt: Eine Revolution ist nötig, doch sie wird kurzfristig wenig Geld bringen, sondern vielleicht sogar etwas kosten.

Wer das Budgetdefizit rasch durch Einschnitte bei Gesundheit und Pensionen senken will, kann das nur mit der Brachialmethode: indem Leistungen runtergefahren werden, auf die wegen der Alterung immer mehr Leute angewiesen sein werden. Eine Sanierung wäre das schon - aber nach dem Prinzip Operation gelungen, Patient tot. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.1.2012)