Er hat jahrzehntelang "Sopi", den Wandel, eingefordert. Er baute in den 1970ern die Oppositionspartei DPS auf. Er saß, weil er den Mächtigen gefährlich wurde, im Gefängnis. Er trat fünfmal an, bis er es 2000 an die Staatsspitze schaffte. Heute ist Abdoulaye Wade (86), ein "Gorgui", ein alter Mann, wie man dies in der Sprache seiner Ethnie, der Wolof, sagt, der sich an die Macht klammert. "Ich weiß von keinem anderen afrikanischen Land, das es besser macht als ich", sagt der Präsident von Senegal. Er fühlt sich in einer historischen Mission.

Obwohl dies der Verfassung widerspricht, will er sich Ende Februar zum dritten Mal der Wahl stellen, gerade weil er so lange gekämpft hat, um an die Macht zu kommen. Dabei hat der Mann, der sich gerne in Weiß kleidet, durchaus Verdienste im Aufbau der Infrastruktur, der Bildung, bei der Gleichstellung von Frauen, der Entwicklung der Demokratie nach der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960 vorzuweisen.

Nun ist er aber dabei, die Demokratie zu unterhöhlen. Vergangenen Sommer versuchte er ein Gesetz durchzuboxen, wonach der Präsident im Paket mit dem Vizepräsidenten bereits mit 25 statt 50 Prozent gewählt werden sollte. Da waren die Umfragen für ihn bereits schlecht, und er wollte seinen Sohn Karim als Vizepräsident und Nachfolger installieren. Das Gesetz wurde nach Protesten gekippt. Wades aussichtsreichster Konkurrent, der Weltmusik-Star Youssou N'Dour darf nun aber nicht kandidieren. Und die Opposition fürchtet, dass Karim, der als Superminister über ein Viertel des Budgets verfügt, trotzdem irgendwie dem Vater nachfolgen wird.

Wade selbst, Sohn eines reichen Kaufmanns, studierte in Frankreich Recht, Volkswirtschaft, Mathematik und Soziologie. Er war Rechtsanwalt, Professor und Berater beim IWF und der Weltbank. Er war ambitioniert und setzte sich für Panafrika ein. Mit den Jahren wurde Wade aber immer autokratischer und seltsamer. Er ließ eine 50 Meter hohe Bronzestatue, "Die Afrikanische Renaissance", um 15 Millionen Euro und mit stark nordkoreanischen Zügen, errichten. Nach dem Erdbeben in Haiti schlug er vor, die afrikanischstämmigen Haitianer "zurückzuholen" und für sie einen Staat in Afrika zu schaffen. Mittlerweile nehmen auch einflussreiche Freunde und Staaten (USA, Frankreich) Abstand von ihm. Viele Senegalesen haben ohnehin den Wandel à la Wade satt und rufen nun "Wir haben genug!" statt "Sopi!" (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 30.1.2012)