Wien - U-Ausschuss-Vorsitzende Gabriela Moser nennt es "den krummen Pfad der Gerechtigkeit". Juristen geißeln den Umgang von Justiz und Gesetzgeber mit Zeugen, Auskunftspersonen und Beschuldigten als skandalöse Verletzung bürgerlicher Grundrechte.

Auf jeden Fall können die Überlappungen von U-Ausschuss und Ermittlungstätigkeit der Staatsanwaltschaft für die Betroffenen unangenehm werden. Dies, weil sie in Zwiespalt geraten können.

Der Grund: Auskunftspersonen unterliegen, wie Zeugen in einem Gerichtsprozess, der Wahrheitspflicht, Beschuldigte im Ermittlungsverfahren hingegen nicht, sie können - theoretisch - auf Biegen und Brechen flunkern.

Hinzu kommt, dass in dem seit Jahren laufenden, schier unüberblickbaren Buwog-Telekom-Komplex die Grenzen verschwimmen können. Da können - vornehmlich durch anonyme Anzeigen - Beschuldigte zu Zeugen werden und umgekehrt. So geschehen bei Telekom-Regulator Georg Serentschy. Er wurde 2006 durch eine Anzeige belastet und viele Monate später als Beschuldigter einvernommen. Als sich der Verdacht nicht erhärtete, stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein.

Im November 2010 wurde der frühere Unternehmensberater schließlich noch einmal einvernommen, diesmal als Zeuge. Als solcher sollte er im Jänner 2012 auch im U-Ausschuss aussagen. Was er allerdings nicht wusste: Zwischenzeitlich hatte die Anklagebehörde die Ermittlungen gegen ihn wiederaufgenommen - aufgrund einer anonymen Anzeige.

Womit die Auskunftsperson in einer Zwickmühle steckt: Sagt sie im U-Ausschuss wahrheitsgemäß aus, könnte sie sich im Ermittlungsverfahren selbst belasten. Bleibt sie dem U-Ausschuss fern oder verweigert sie die Aussage, riskiert sie eine Ordnungsstrafe. U-Ausschuss-Vorsitzende Moser sagt, sie könne diesen unbefriedigenden Umstand nicht ändern, weil die Staatsanwaltschaft nicht darüber informiere, wer als Beschuldigter geführt wird. Die Staatsanwaltschaft sagt, sie könne das aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen. Moser: "Das Schlamassel verdanken wir der Regierung Schüssel. Sie hat die Strafprozessordnung reformiert und die Untersuchungsrichter abgeschafft. (ung, DER STANDARD, Printausgabe, 1.02.2012)