Arbeiten bis jenseits der 70: eine Horrorvorstellung nicht nur für jene, die die Tage bis zu ihrer Pensionierung schon ab 50 zählen (und das sind nicht wenige). Der konservative schwedische Premier Fredrik Reinfeldt und die EU-Kommission denken laut über etwas nach, das jedem, dem die Zukunft des Wohlfahrtsstaates nicht egal ist, ein fundamentales Anliegen sein muss.

Dass das derzeitige Pensionssystem bei steigender Lebenserwartung und damit immer längerer Lebenszeit im bezahlten Ruhestand nicht mehr finanzierbar ist, weiß jeder, der addieren und multiplizieren kann (viele Politiker aber offensichtlich nicht, oder sie geben sich aus wahltaktischen Gründen noch ahnungsloser, als sie sind).

Aber es geht um weit mehr als die finanztechnische Beherrschung des Problems: um ein neues Konzept der Lebensarbeitszeit, neue Verteilung und Gewichtung der Arbeit unter Nutzung der jeweiligen Stärken der jüngeren und der älteren Generationen (Dynamik, Belastbarkeit, Erfahrung etc. etc.), eine Balance zwischen reiner Erwerbsarbeit und sinnerfüllter Betätigung. Denn dass man einem Fließbandarbeiter oder einer Kassiererin nicht zumuten kann, diese Tätigkeit bis über 70 auszuüben, ist klar.

Die Neuregelung der Lebensarbeit ist eine notwendige, gewaltige, aber auch äußerst spannende Aufgabe. Das Kreativpotenzial, das unsere Gesellschaft dafür aufbringt, entscheidet über ihre Überlebensfähigkeit. (DER STANDARD, Printausgabe, 10.2.2012)