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Alexej Wenediktow, Chefredakteur von Echo Moskwy (li.), sieht nicht Premier Wladimir Putin (re.) am Werk, sondern "übereifrige Beamte".

Foto: Reuters/Lapikowa

Der von staatlicher Seite ausgeübte Druck auf die Medien nimmt in Russland kurz vor den Präsidentenwahlen noch einmal zu. Die Gegenkandidaten von Regierungschef Wladimir Putin klagen über ungerechte Sendezeitverteilung in den Staatsmedien. Nun gerät auch der als unabhängig geltende Radiosender Echo Moskwy (Das Echo Moskaus) ins Visier.

Seit Beginn der Wahlkampagne hat Putin im Fernsehen 67 Prozent der Sendezeit aller Kandidaten erhalten, seine vier Kontrahenten kommen hingegen nur auf Werte zwischen sieben und neun Prozent. Einen gemeinsamen Protest der Putin-Gegner wischt Putins Pressesekretär Dmitri Peskow allerdings beiseite: Wenn es Klagen gebe, dann sollten sie sich an die Wahlkommission oder das Gericht wenden, riet er ihnen.

Welchen Beschluss die Wahlkommission fällen wird, lässt sich anhand der bisherigen Entscheidungen leicht erraten: Zuletzt hatte sie zwei PR-Filmchen für Putin beim 1. Kanal und NTW als "analytisch" eingestuft. Die Materialien hätten nichts mit den Präsidentenwahlen zu tun.

Beim Radiosender Echo Moskwy wird zugleich auf Drängen des Hauptaktionärs, der staatsnahen Gazprom Media, der Aufsichtsrat ausgetauscht. Die Redaktion verliert einen Posten. Eine Änderung der Redaktionspolitik und seinen Rücktritt schloss Chefredakteur Alexej Wenediktow allerdings aus. Laut Statut wird der Chefredakteur vom Kollektiv gewählt.

Putin hatte den Sender kritisiert, weil der ihn "von morgens bis abends mit Kot" bewerfe. Der Premier selbst habe aber nicht befohlen, Druck zu machen, glaubt Wenediktow: "Viele übereifrige Beamte haben die Kritik nur als Kommando ,Fass‘ verstanden, doch sie irren sich." (André Ballin aus Moskau/DER STANDARD, Printausgabe, 15.2.2012)